Benzinpreis-Plattform wie in Österreich «kann Preise senken»
Die Wirtschaftskommission will eine Plattform für Benzinpreise einführen. Das hätte tiefere Preise zur Folge, behaupten einige. Andere sind skeptisch.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Wirtschaftskommission möchte vom Bund eine Übersichtsplattform für Benzinpreise.
- Das könnte die Preise herunterdrücken, so SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo.
- SVP-Nationalrat Mauro Tuena findet nicht, dass dies im Aufgabenbereich des Bundes falle.
Der Preis für Benzin und Diesel schnellte dieses Jahr in die Höhe. Schuld daran war nicht nur, aber zu einem grossen Anteil, der Ukraine-Krieg. Daraufhin versuchte die Politik, die Folgen der Preiserhöhung für die Bevölkerung abzufedern.
Mehrere Versuche scheiterten im Parlament. Der Bundesrat sah häufig keinen Handlungsbedarf und die Mehrheit der Bundesversammlung auch nicht.
Im August startete die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Nationalrats einen neuen Versuch. Der Bund werde beauftragt, eine Plattform für die Berechnung der Spritpreise einzuführen, so wie es Österreich 2011 gemacht hatte. Die Plattform soll eine Übersicht über Schweizer Tankstellen und deren Preise liefern.
Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion am Mittwoch gutgeheissen. Die grosse Kammer fällte ihren Beschluss auf knappst mögliche Weise – mit 92 zu 91 Stimmen bei 8 Enthaltungen.
Etwas Ähnliches hat der Touring Club Schweiz (TCS) im November lanciert, das communitygetrieben wird. Aber dieser kann nur ungenaue Daten liefern, wenn es sich beispielsweise um Tankstellen auf dem Land handelt. Deswegen soll der Bund hier eine Lücke schliessen, sagt Prisca Birrer-Heimo.
«Ohne Transparenz funktioniert der Markt nicht»
Die SP-Nationalrätin (LU) erklärt, wie die Plattform wirken könnte: «Wenn die Preise auf einer Plattform dargestellt sind, können die Autofahrerinnen und Autofahrer informiert entscheiden, wo sie tanken gehen wollen.» Denn ohne Transparenz könnten die Konsumierenden nicht optimale Entscheide treffen und so funktioniere der Markt ungenügend. Das hat auch der Preisüberwacher bemängelt.
Ausserdem könnte die Transparenz bewirken, dass die Preise gesenkt würden. «Es gibt die Vermutung, dass sich gewisse Leute daran eine goldene Nase verdienen. Sie würden mit einer Preisplattform unter Druck gesetzt und eventuell ihr Geschäftsmodell überdenken», so Birrer-Heimo. Ansonsten könnten sie Kundschaft verlieren.
In der WAK gab es eine Minderheit, die beantragte, die Motion abzulehnen. Teil jener Minderheit ist Mauro Tuena, Stadtzürcher Autofahrer und SVP-Nationalrat: Die Partei, die eigentlich für billiges Benzin wäre.
«Wenn der Bund auf einer offiziellen Plattform sagt: ‹Bei dieser Tankstelle in diesem Dorf gibt es das billigste Benzin›», holt Tuena aus: «Dann gibt es ganz viele Leute, die diese Tankstelle belagern werden.» Das funktioniere nicht.
«Abgesehen davon stellt sich die Frage, ob die Tankstelle diesen günstigen Preis langfristig aufrechterhalten könnte», sagt der SVPler. Und sicherlich liegt eine solche Plattform nicht im Aufgabenbereich des Bundes, kritisiert Tuena.
Was soll der Bund?
«Damit schafft man ein heikles Präjudiz. Was kommt als Nächstes?», fragt der Wirtschaftspolitiker. Werde der Bund auch sagen müssen, wo es die billigsten Jeans oder das billigste Raclette gebe?
In einer freien Marktwirtschaft müssten sich die Konsumierenden selber informieren und die Händler die Informationen bereitstellen, sagt Tuena. «Da hat sich der Bund nicht einzumischen.» Die Transparenz sei schon gegeben, die Preise bekannt.
Mit dieser Kritik konfrontiert, sagt Prisca Birrer-Heimo: «Es ist natürlich nicht der Sinn der Sache, dass die Autofahrer weit fahren würden, um möglichst billig zu tanken. Das ist unökologisch.» Mit dem Preisvergleich werde aber genau vermieden, dass die Konsumierenden herumfahren müssten, um die Preise zu vergleichen.
Dass es «nicht Sache des Bundes» sei, weist die ehemalige Präsidentin des Konsumentenschutzes ebenfalls zurück. «Als der Franken massiv erstarkte, hatten wir auch einen Preisbarometer. Der war zwar nicht vom Bund, aber er hat ihn finanziell unterstützt.» Ausserdem sei die Aufgabe des Staatssekretariats für Wirtschaft Seco sehr wohl, die Rahmenbedingungen der Wirtschaft zu gestalten.