Bundesrat Berset: Hat sein Ex-Sprecher Ignazio Cassis angeschwärzt?
Der Kommunikationschef von Bundesrat Berset hat sich mit dem Blick auch über Ignazio Cassis ausgetauscht. Hat er die «Crypto-Leaks» zu verantworten?
Das Wichtigste in Kürze
- Während der Pandemie bestand ein reger Austausch zwischen dem BAG und dem «Blick»-Verlag.
- Gemäss den Protokollen hatte der Kommunikationschef auch über Ignazio Cassis geplaudert.
- Stand Peter Lauener auch am Ursprung der «Crypto-Leaks», um Alain Berset zu schützen?
Zwischen dem Departement von Alain Berset und dem Verlagshaus Ringier bestand während der Corona-Pandemie ein reger Austausch. Über 180 Kommunikationsvorgänge zwischen dem CEO des «Blick»-Verlags und dem damaligen Kommunikationschef von Bundesrat Berset sind dokumentiert: Der «Blick» wusste oft vor dem Bundesrat, welche Massnahmen Alain Berset beantragen wollte.
Doch die Einvernahme-Protokolle, über welche die «Schweiz am Wochenende» berichtet hatte, enthalten ebenfalls konkrete Anhaltspunkte über eine andere explosive Angelegenheit: Gemäss «Watson» hatte sich der beschuldigte Kommunikationschef mit einer «Blick»-Journalistin auch über Bundesrat Ignazio Cassis unterhalten. Gemäss Sonderermittler Peter Marti sollte damit eine «Destabilisierung von Bundesrat Cassis» erreicht werden.
Ursprung der «Crypto-Leaks»?
Im Februar 2020 wurde bekannt, dass die «Crypto AG» insgeheim die CIA bei ihren Chiffrier-Geräten hatte mithören lassen. Die Regierung wusste davon – ein regelrechter Spionage-Thriller mit weitreichenden Konsequenzen für die Neutralität der Schweizer Eidgenossenschaft. Kurze Zeit später wurde dieser Skandal allerdings von der Erpressungs-Affäre rund um Bundesrat Berset aus dem Fokus der Medienlandschaft verdrängt.
Nun erhärtet sich also der Verdacht, dass der Kommunikationschef von Bundesrat Berset hinter dem «Crypto-Leak» stehen könnte: Um die Erpressungs-Affäre seines Vorgesetzten zu delegitimieren, könnte er den geheimen Bericht zur «Crypto AG» bei den Medien platziert haben. Auf diese Weise wurde der Fokus der Medienlandschaft wieder auf ein anderes Departement verschoben.
Bundesrat Berset verweigerte gegenüber Marti die Aussage zu dieser Angelegenheit: «Ich mache keine Aussage. Ich bin hier in einer ungemütlichen Situation, weil ich nicht weiss, was dieses Thema soll. Ich möchte mich ja nicht strafbar machen.» Auch der ehemalige Kommunikationschef wollte diesbezüglich keine Aussage machen.
Vertrauen in Unabhängigkeit der Medien erschüttert
Gleichzeitig bleibt allerdings eine Frage im Zentrum der gesamten Angelegenheit: Wie kommt es, dass Bersets Kommunikationschef dem Ringier-Verlag immer wieder vertrauliche Informationen per E-Mail zukommen liess?
Ein im Sommer zirkuliertes Video legt eine Antwort nahe: In diesem räumte der «Blick»-Verleger ein, dass er seinem gesamten Verlagshaus ans Herz gelegt hatte, die europaweiten Corona-Massnahmen zu unterstützen. Das Umfeld des federführenden Gesundheitsministers könnte versucht haben, die Voraussetzungen für eine verständnisvolle Aufnahme der Pandemie-Massnahmen zu schaffen.
In einer Zeit der eingeschränkten Macht von Volk und Parlament hat das Gesundheitsministerium positive Duftnoten innerhalb der Medienlandschaft verbreitet: Zu diesem Zweck wurde dem Anschein nach ein wohlgesinntes Verlagshaus mit vertraulichen Informationen gefüttert.
In welchem Ausmass der Bundesrat involviert war, bleibt derzeit Gegenstand der Diskussion – auch für Alain Berset gilt die Unschuldsvermutung.
Doch das Thema wirft auch ein schlechtes Licht auf die Medien: Deren Unabhängigkeit sorgte während der Pandemie immer wieder für Diskussionen. Informationen über enge Verbindungen zwischen dem Gesundheitsminister und einem grossen Verlagshaus dürften das Vertrauen in die Medien noch weiter erschüttern.
Der «Blick» wiederum dementiert die Anschuldigungen vehement. Wie das Medienmagazin «persönlich.com» berichtet, hat sich die Führungsetage des Verlags in einer internen E-Mail an seine Mitarbeitenden gewandt: Demnach stammten die fraglichen Informationen von Quellen innerhalb der Redaktion – CEO Marc Walder sei in keiner Weise involviert.