Bundesrat

Affäre um Bundesrat Alain Bersets Ex-Sprecher erschüttert Bundesbern

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Die Kündigung von Bundesrat Bersets Kommunikationschef Peter Lauener wirft Fragen auf. Es soll um Intrigen zwischen Bersets EDI und Ignaio Cassis' EDA gehen.

Peter Lauener Alain Berset
Bundesrat Alain Berset, rechts, schreitet mit seinem Kommunikations-Chef Peter Lauener zur Medienkonferenz im Anschluss an die Sitzung des Bundesrates, am 20. Oktober 2021 in Bern. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Bundesrat Bersets Kommunikationschef Peter Lauener hat Anfang Juni plötzlich gekündigt.
  • Nun wird spekuliert, ob Lauener in die Affäre um die Crypto-Leaks verwickelt sei.
  • Belastendes Material soll wiederum aus Bundesrat Cassis' Umfeld geleakt worden sein.

Der plötzliche Abgang des Kommunikations-Chefs von Bundesrat Alain Berset gibt nach wie vor Anlass zu weitreichenden Spekulationen. Es geht um ehemalige Geheimdienstler und die CIA, um gefährliche Liebschaften auf höchster Ebene und geleakte Top-Secret-Akten. Doch eigentlich stehen gemäss Medienberichten schlicht zwei Bundesratsmitarbeiter im Zentrum, die mit Intrigen sich und ihre Chefs beschützen wollten.

Zwei Skandale: Crypto-Leaks und Ex-Geliebte

Zwei Skandale werden vermischt, obwohl sie nichts miteinander zu tun haben: Die Crypto-Leaks und die erpresserische Affäre von Bundesrat Berset. Die Crypto-Leaks von Februar 2020 sind beinahe in Vergessenheit geraten. Einen Monat später wurden sie von der Corona-Pandemie aus den Schlagzeilen gedrängt.

Abhöraffäre
Der Hauptsitz der Crypto AG. BND und CIA kauften in den 70er Jahren heimlich die schweizerische Crypto AG, die Chiffriergeräte zur Verschlüsselung geheimer Kommunikation in alle Welt verkaufte. - dpa

Die Crypto AG hatte mit Wissen der Schweizer Regierung insgeheim die CIA bei ihren Chiffrier-Geräten mithören lassen. Dieser neutralitätsgefährdende Spionagethriller wurde vom Parlament untersucht. Die eh schon mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattete Geschäftsprüfungskommission schickte ihre Sondereinheit vor.

Die aus lediglich sechs National- und Ständeräten bestehende Geschäftsprüfungsdelegation erhielt Einsicht in Geheimakten und erstellte einen als «geheim» klassifizierten Bericht. Nur landete dieser einen Tag vor der Veröffentlichung bei den Medien – der Skandal innerhalb des Skandals war geboren.

Team EDA gegen Team EDI

Nun reiht sich Spekulation an Spekulation. Im Crypto-Bericht der GPDel kommt FDP-Mann Markus Seiler schlecht weg. Seiler war bis 2017 Chef des Nachrichtendiensts des Bundes (NDB), seither ist er Generalsekretär von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis. Er soll aber auch die Quelle von Informationen über die Ex-Geliebte von Bundesrat Berset sein, mutmasst die NZZ.

Markus Seiler NDB EDA
Markus Seiler im Mai 2017, damals noch Direktor des Nachrichtendiensts des Bundes (NDB,). - Keystone

Diese Erpressungs-Story veröffentlichte Weltwoche-Redaktor Christoph Mörgeli nur zehn Tage später – Seiler und der Crypto-Bericht waren aus den Schlagzeilen. Als Quelle dieser Version der Ereignisse wird von verschiedenen Medien der damalige Berset-Kommunikationschef Peter Lauener vermutet.

Favre Berset Lauener
Christian Favre (links), interimistischer Kommunikationschef von Bundesrat Alain Berset (Mitte) und aus dem Schatten tretend, der ehemalige Kommunikationschef Peter Lauener. - Keystone

Lauener gerät deshalb in den Verdacht, hinter dem Crypto-Leak zu stehen. So habe er umgekehrt Seiler und dessen Chef, Aussenminister Ignazio Cassis, schaden wollen. Eine Information, die wiederum niemand bestätigen kann oder will, die aber erneut bei alt Nationalrat Christoph Mörgeli gelandet ist.

Staatsanwalt befragte Person aus dem EDI

Im Zuge der Untersuchung, wer den GPDel-Bericht den Medien zugespielt haben könnte, sei nämlich auch eine Person aus dem EDI befragt worden. Dies bestätigt der untersuchende Sonderstaatsanwalt gegenüber der NZZ. Es ist ein kleiner Personenkreis, der überhaupt Zugang zum Bericht hatte.

Vermutet wird nun, dass Lauener seinen Job gekündigt hat, weil er seinen Chef Alain Berset nicht mit hineinziehen wollte. Nur eine Woche nach der Kündigung schloss die GPK aber eine andere Untersuchung ab: Die zur versuchten Erpressung durch Bersets Ex-Geliebten.

Christoph Mörgeli
Der ehemalige SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli an der SVP-DV in Montricher VD, am 23. Oktober 2021. - Keystone

Darin wird Alain Berset von allen Vorwürfen entlastet. Ein Hin und Her im Wochentakt: Kündigung von Bersets Mitarbeiter, Entlastung Bersets durch die GPK, Belastung von Bersets ex-Mitarbeiter in der Crypto-Affäre. Für alle Beteiligten gilt indes die Unschuldsvermutung.

Indiskretionen & Intrigen

Indiskretionen sind in Bundesbern an der Tagesordnung und ärgern Bundesverwaltung und Parlament immer wieder. Einen als «geheim» klassifizierten Bericht der zur Verschwiegenheit verpflichteten GPDel mitgehen zu lassen, ist kein Pappenstiel. Auch wenn es in diesem Fall wohl nicht um staatsgefährdende Informationen ging.

Alain Berset Ignazio Cassis
Bundespräsident Ignazio Cassis, Mitte, spricht an der Seite von Bundesrat Alain Berset, links, und Vizekanzler Andre Simonazzi, rechts, während einer Medienkonferenz im Februar 2022 in Bern. - Keystone

Vorderhand weist vieles darauf hin, dass es sich um gegenseitiges Ausspielen, um Intrigen zwischen den Departementen EDA und EDI handelt. Schlecht weg kommt dabei aber vor allem die Schweiz. Denn die Crypto-Affäre an sich wäre wohl ein weitaus relevanteres Thema als das Schmierentheater um sie herum. So aber scheint sich die Bundesverwaltung gegenseitig lahmzulegen, statt dass sie ihrer Aufgaben nachgeht.

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Bundesrat Alain Berset will sich auch nach einer direkten Frage nicht zum Thema äussern. - YouTube / Der Schweizerische Bundesrat

Offen ist, inwieweit die beiden Bundesräte involviert sind. Geht es am Ende gar nicht um die Personen Seiler und Lauener, sondern einen Hahnenkampf Cassis gegen Berset? Letzterer wurde am Dienstag an einer Medienkonferenz um eine Stellungnahme gebeten. Er verwies bloss darauf, dass dies heute nicht Thema sei.

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