Bundesrat will Rentenalter nicht an Lebenserwartung koppeln
Der Bundesrat will die Koppelung des Rentenalters an die Lebenserwartung nicht in die Verfassung schreiben. Er empfiehlt deshalb, die Renteninitiative der Jungfreisinnigen abzulehnen. Nun kann das Parlament entscheiden.
Am Mittwoch verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Initiative an die eidgenössischen Räte. Einen Gegenvorschlag - ob direkt oder indirekt - beantragt er nicht.
Die Volksinitiative «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renteninitiative)» verlangt in einem ersten Schritt, das Rentenalter für Frauen und Männer in Stufen auf 66 Jahre anzuheben.
In einem zweiten Schritt soll das Rentenalter dann an die durchschnittliche Lebenserwartung der Wohnbevölkerung im Alter von 65 Jahren angepasst werden. Dies soll jährlich in Schritten von höchstens zwei Monaten erfolgen. Jeweils fünf Jahre vor der Pensionierung erfahren die Betroffenen ihr Rentenalter.
Der Bundesrat stellt sich gegen einen solchen Automatismus, wie er in seiner Mitteilung zur Botschaft schreibt. Damit werde weder die Situation auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigt noch die soziale Situation der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Auch mit dem politischen System der Schweiz sei ein Automatismus nicht vereinbar, macht der Bundesrat geltend. Denn würde das Rentenalter und dessen Koppelung an die Lebenserwartung in der Verfassung verankert, hätten er selbst, das Parlament und auch das Volk keinen Spielraum mehr, um andere Kriterien zu berücksichtigen.
Ein höheres Rentenalter alleine löse die demografische Herausforderung für die AHV nicht, schreibt der Bundesrat schliesslich. Nötig sei dafür auch eine zusätzliche Finanzierung.
Eingereicht wurde die Renteninitiative von den Jungfreisinnigen. Die Rentenpolitik der Landesregierung sichere die Interessen der jungen Menschen nicht, kommentierten sie das Nein des Bundesrates. Die Begründung des Neins ist in den Augen der Jungpartei der FDP «fadenscheinig».
Zu Wort meldete sich auch der Verein Renteninitiative. Der Bundesrat wolle sich der grössten innenpolitischen Herausforderung, der nachhaltigen Sicherung der AHV, nicht annehmen, schrieb er. Die Landesregierung «ignoriert kalt die systemische Problematik der AHV».
Der Verein hält dem Bundesrat vor, mit seinen Berechnungen in der Botschaft lediglich bis 2032 die Auswirkungen der Renteninitiative nicht darzulegen. Die Bindung des AHV-Alters an die Lebenserwartung finde erst danach statt. Und gerade dieses Element der Initiative entlaste die Finanzen der AHV am stärksten und nachhaltig.
Der Bundesrat will statt auf die Renteninitiative auf die AHV-Reform setzen, die unter anderem für Frauen das Rentenalter 65 und älteren Frauen einen Ausgleich bringt sowie eine zusätzliche Finanzierung über die Mehrwertsteuer. Am 25. September entscheidet das Stimmvolk darüber.
Eine Vorlage für die Stabilisierung der AHV in den Jahren 2030 bis 2040 habe das Parlament bestellt, schreibt der Bundesrat zudem. Diese muss bis Ende 2026 vorliegen. Thema werde dann eine generelle Erhöhung des Rentenalters auf mehr als 65 Jahre sein, schreibt der Bundesrat in der Botschaft. Auch eine Verbindung von Lebenserwartung und Rentenalter auf Gesetzesebene will er dann prüfen.
Noch im Parlament hängig ist die Reform der beruflichen Vorsorge, die unter anderem eine Senkung des Umwandlungssatzes zur Berechnung der Renten von 6,8 auf 6,0 Prozent bringt. In den Räten umstritten ist die Form des Ausgleichs für die Übergangsgeneration. Zuletzt schickte der Ständerat die Vorlage deshalb auf eine Zusatzrunde.