Caritas fordert humanitären Schutzstatus für alle Geflüchteten
Nach einem Jahr Ukraine-Krieg sieht das Hilfswerk Caritas das Asylwesen der Schweiz als reformbedürftig. Ein humanitärer Schutzstatus wird gefordert.
Das Wichtigste in Kürze
- Caritas Schweiz zieht ein Jahr nach der russischen Invasion in der Ukraine Bilanz.
- Positiv werten kann das Hilfswerk, dass fünf Millionen Menschen geholfen werden konnte.
- Veränderung fordert Caritas aber im Asylwesen – auch was der Schutzstatus S betrifft.
Caritas unterstützt die ukrainische Bevölkerung seit Beginn des russischen Angriffskrieges. In einer Medienkonferenz zieht das Hilfswerk Bilanz: Während fünf Millionen Menschen geholfen werden konnte, wird das Schweizer Asylwesen bemängelt und Forderungen an die Politik gestellt.
75'000 Menschen haben wegen des Ukraine-Krieges in der Schweiz Zuflucht gesucht. Gemäss Caritas war der Schutzstatus «massgebend mitverantwortlich», dass viele Menschen in kurzer Zeit in «einer guten Art und Weise» aufgenommen werden konnten. Als wichtiges Element der Umsetzung werden die Gastfamilien genannt.
Caritas: Asylsystem wäre ohne Gastfamilie «aus allen Nähten geplatzt»
«Die Aufnahmebereitschaft der Schweizer Bevölkerung war eindrücklich», heisst es im Mediencommuniqué dazu. Mehr als die Hälfte der ukrainischen Geflüchteten konnten privat untergebracht werden. Für die Behörden seien die Gastfamilien ein Glücksfall. «Ohne sie wären die Beherbergungsstrukturen im Asylsystem aus allen Nähten geplatzt.»
Doch die Caritas übt auch Kritik an dem Konzept des Schutzstatus S: Denn er ist rückkehrorientiert. Doch ein Ende des Kriegs sei ein Jahr nach dessen Beginn nicht abzusehen.
Daher fordert das Hilfswerk, dass Personen mit Schutzstatus S nach zwei Jahren eine reguläre Aufenthaltsbewilligung erhalten. Betroffene bräuchten «klare Perspektiven». Der Begriff Rückkehrorientierung hänge wie ein Damoklesschwert über den Geflüchteten und erschwere die berufliche und gesellschaftliche Integration.
Ebenso habe der Schutzstatus S deutlich gemacht, «dass es Ungleichbehandlungen von schutzbedürftigen Personen in der Schweiz» gebe, je nach Status, den sie erhalten.
«Für Menschen, die zwar nicht kollektiv aufgenommen werden, aber dennoch aus Kriegs- und Gewaltsituationen wie etwa aus Afghanistan oder Syrien fliehen mussten, gibt es aktuell keinen passenden Schutzstatus.» Sie erhalten die dafür ungeeignete und missverständliche vorläufige Aufnahme, hält Caritas in der Medienmitteilung fest.
Die Forderung des Hilfswerks lautet: Auch diese Menschen sollen den Zugang zu einem neuen humanitären Schutzstatus erhalten. Dieser soll dieselben Rechte vorsehen wie für anerkannte Flüchtlinge, wie Existenzsicherung, Reisefreiheit, Familiennachzug und Arbeitsmarktintegration.
Ein weiterer «unhaltbarer Zustand» des schweizerischen Asylwesens sei die Asylsozialhilfe, die deutlich tiefer ist als die Sozialhilfe. Diese orientiert sich am von der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) errechneten Existenzminimum. Die Asylsozialhilfe variiert zwar je nach Kanton, teilweise beträgt sie aber bloss ein Drittel der regulären Sozialhilfe.
Das reiche nicht für das Leben in der Schweiz und stelle ein kaum überwindbares Hindernis für die gesellschaftliche Teilhabe dar, so Caritas Schweiz. «Die Asylsozialhilfe ist abzuschaffen», lautet das Fazit.