Coronavirus: Auch Bürgerliche ärgern sich über die Sperrstunde
Das Wichtigste in Kürze
- Um Mitternacht heisst's: Austrinken, nach Hause gehen!
- Die Öffnung der Gastrobetriebe hat für manche Bar daher einen Haken.
- Das ärgert Politiker. Allerdings sei jetzt auch wieder Eigenverantwortung befragt.
Beizen, Bars und Pubs sind seit Montag wieder geöffnet. Die Gastronomen mussten ein Konzept entwickeln, um die Vorgaben des Bundes einhalten zu können. Eine Vorgabe sorgt allerdings für rote Köpfe.
Es ist nicht die Regel, dass nur maximal vier Personen pro Tisch sitzen dürfen. Oder dass die Tische mindestens zwei Meter Abstand haben sollen. Oder dass sich Gäste ihre Kontaktdaten in eine Liste eintragen sollen.
Ab Mitternacht klingeln in vielen Bars die Kassen
Für Kritik sorgt, dass in den Betriebe ab Mitternacht Lichter löschen gilt. Das Bundesamt für Gesundheit BAG fürchtet, dass ab dann die Wahrscheinlichkeit von übermässigem Alkoholkonsum steige und damit die Gefahr, dass die behördlichen Vorgaben wie das Abstandhalten nicht mehr eingehalten werden. Bis sechs Uhr morgens sind daher die Türen zu.
Für manche Bar ein Ärgernis. Fliesst das Bier nach Mitternacht doch oft am besten. Dass der Bundesrat die Öffnungszeiten vorgibt, findet Esther Friedli nicht sinnvoll. Die SVP-Nationalrätin führt im Toggenburg den Gasthof Sonne. Die letzten Tage war sie damit beschäftigt, das Schutzkonzept für die Gastronomie für ihren Landgasthof umzusetzen.
Dieses Gastro-Konzept sei bereits sehr streng, so die Beizerin. Es regle gar zu viel, jeder Betrieb, jede Region sei schliesslich anders. «Die einzelnen Betriebe sollten über ihre Öffnungszeiten selber entscheiden können», findet Friedli daher. Parties seien gemäss Vorgaben des Konzepts aber gar nicht möglich.
Coronavirus: Massnahmen werden unterlaufen
«Ich bin überzeugt, dass die einzelnen Gastrounternehmer hier genügend verantwortungsvoll wären, um die Öffnungszeiten unter Einhaltung des Schutzkonzeptes selber umsetzen zu können. Wir sollten unbedingt wieder zu mehr Eigenverantwortung zurückkommen. Es kann nicht sein, dass der Bundesrat immer weiter die Bürgerinnen und Bürger bevormundet.»
Das findet auch BDP-Nationalrat Lorenz Hess. «Ich war heute in einem Café und konnte beobachten, wie die Massnahmen unterlaufen werden», erzählt Hess. So würden die Gäste beispielsweise ihre Kontaktdaten nicht in die Liste eintragen und auch das Personal setzt das Ausfüllen nicht durch.
«Das ist auch verständlich: Die Beizer wollen nicht Polizist spielen. Es ist jetzt eben auch an den Gästen, Eigenverantwortung zu übernehmen und die Massnahmen zu befolgen. Denn ich will nicht, dass der Sommer wird wie der März – ich will, dass die Beizen auch im Sommer offen sein können.»
Hess ist froh, dass die Gastrobetriebe nun wieder offen sind, vorläufig bis Mitternacht.
«Natürlich tun mir die Bars leid. Aber im Moment muss man zufrieden sein, überhaupt öffnen zu können. Lieber einen mageren Spatz in der Hand als schon gleich eine Taube zu fordern. Wenn nämlich die Abstands- und Hygienemassnahmen nicht eingehalten werden, machen wir wieder einen Schritt zurück. Darum: lieber warten.»
Hoffnung auf weitere Lockerungen
Hier setzt auch SVP-Nationalrat Christian Imark an. Lockerungen unterstütze er, aber man müsse aufpassen, dass die Leute nicht unvorsichtig werden. Gerade im Bereich der Nachtgastronomie sei es nachvollziehbar, dass vorsichtig geöffnet werde.
«In Anbetracht der noch immer grassierenden Gefahr wäre es gefährlich das Signal auszusenden, dass alles vorbei sei. Man kann diese temporäre Regelung auch positiv sehen: Bewährt sich das festgelegte Öffnungs-Regime, steht einer vollständigen Öffnung bald nichts mehr im Wege.»
Auch für Esther Friedli ist klar: «Ich hoffe, dass es in absehbarer Zeit zu weiteren Lockerungen kommt. Denn unter diesen Voraussetzungen ist es sehr schwierig, betriebswirtschaftlich zu wirtschaften.»