Coronavirus Krise: So schützt die Armee die Schweizer Bevölkerung
Das Wichtigste in Kürze
- Die Armee kann zusätzlich 8000 Soldaten aufbieten, sollte das nötig sein.
- Derzeit sind viel weniger Soldaten eingerückt, sie leisten derzeit Unterstützungsarbeit.
- Die Armee hat für den Krisenfall seit Jahrzehnten geübt - jetzt kann sie sich beweisen.
Die gegenwärtige Corona-Krise stellt Behörden und Bevölkerung vor nie dagewesene Herausforderungen. Die Armee übt solche Krisen seit Jahrzehnten. Jetzt kommt der Ernstfall.
Amherd spricht von «grösster Mobilisierung»
Es sei die grösste Mobilmachung seit dem Zweiten Weltkrieg, sagte Verteidigungsministerin Viola Amherd am Montag. Bis zu 8000 Armeeangehörige (AdA) könnten neu aufgeboten werden.
Am Dienstag präzisiert Raynald Droz, Brigadier, Stabschef Kommando Operationen: Vier Spitalbataillone seien im Einsatz, 1600 Mann. Dazu kämen allerdings noch Sanitätssoldaten sowie Rekrutenschulen und Durchdiener.
In der Tat werden nicht 8000 AdA aufgeboten. Der Bundesrat hat lediglich die Obergrenze für den Assistenzdienst von 800 auf 8000 Armeeangehörige angehoben. Diese Regelung gilt bis Ende Juni 2020.
Die am Montag aufgebotenen Soldaten der jeweiligen Bataillone sind nicht extra wegen der Coronakrise eingerückt. Sie leisten ihren alljährlichen Wiederholungskurs. Ein zweites Bataillon wird morgen Donnerstag in der Romandie einrücken.
Bei einer Mobilmachung können auch AdA aufgeboten werden, die ihre Dienstpflicht bereits absolviert haben. Auch der Arbeitgeber kann AdA nicht vor dem Einrücken abhalten.
Armee leistet unterstützenden Einsatz
So lange die Corona-Krise nicht als Katastrophe eingestuft ist, entscheidet grundsätzlich der Bundesrat über den Einsatz der Armee, um die zivilen Behörden zu unterstützen. Erst im Falle einer Katastrophe läge der Entscheid dann beim VBS.
Die Armee unterstützt daher aktuell primär Kantone und Spitäler. «Zuerst werden die Verbände zum Einsatz kommen, die sich im regulären Truppendienst befinden», schreibt das VBS.
Rekrutenschulen, Durchdiener und Wiederholungskurse würden wo erforderlich verlängert, in gewissen Bereichen müssten zusätzlich Truppen mobilisiert werden. Dies bei Miliztruppen mit hoher Bereitschaft.
Sprich: vier Spitalbataillone sowie fünf Sanitätskompanien. «Sie können nach dem Entscheid zur Mobilisierung innert vier Tagen in den Einsatz gebracht werden», so das VBS. Die Auslösung sei am Montag erfolgt.
Armee-Sprecher Stefan Hofer präzisiert gegenüber Nau.ch: «Im Rahmen des Koordinierten Sanitätsdienstes (KSD) kann die Armee in 7 bezeichneten Zivilspitälern mit Sonderstatus KSD und im Militärspital Einsiedeln je 100 Betten in der allgemeinen Grund- und Behandlungspflege betreiben. Diese 800 Betten befinden sich in unterirdischen Anlagen, welche für die Bewältigung der Corona-Epidemie wenig geeignet sind. Daher konzentriert sich die Armee darauf, das zivile Gesundheitswesen in dessen eigenen Infrastrukturen zu unterstützen.»
Aufgaben der Armee
Derzeit habe die Politik den Lead, so Hofer weiter. «Die Armee erfüllt die Aufträge der Politik. Sie ist die strategische Reserve der Landesregierung.» Die Armee hat in der aktuellen Krise den Auftrag, einerseits das Gesundheitswesen mit sanitätsdienstlichen Leistungen unterstützen. Speziell in den Bereichen Pflege, Patientenüberwachung, sanitätsdienstlichen Transporten oder Spitallogistik. Letzteres kann sein Bettendesinfektion, Küche, Wäscherei, Reinigung.
Zweitens soll die Armee bei Bedarf logistische Aufgaben wie Transporte und Mithilfe beim Aufbau von improvisierter Infrastruktur übernehmen, schreibt der Bundesrat. Und drittens sollen die AdA die kantonalen Polizeikorps entlasten, zum Beispiel durch eine stärkere Unterstützung beim Botschaftsschutz, oder das Grenzwachtkorps an Landesgrenzen und Flughäfen unterstützen.
Für die erstgenannte Unterstützung der zivilen Sanitätsdienste stehen rund 3000 Armeeangehörige zur Verfügung. Diese werden sofort bereitgestellt, so das VBS. Wie viele Armeeangehörigen eingesetzt werden, hänge aber von der Entwicklung der Lage und der Anzahl Gesuche durch die Behörden ab.
AdA werden auch nicht im Behandlungszimmer oder am Operationstisch stehen, erklärt das VBS. Dort arbeite immer noch der qualifizierte Arzt. Soldaten können im Hintergrund aber dafür sorgen, dass ausreichend sterile Geräte zur Verfügung stehen. Damit werde das zivile Spitalpersonal entlastet.
Die Armee verfüge zudem über hilfreiche Mittel im Gesundheitswesen – zum Beispiel leichte Sanitätswagen, in denen Fahrer und Patient räumlich getrennt ist. Oder die Armeeapotheke in Ittigen BE produziert Desinfektionsmittel neu auch für zivile Spitäler.
Sollte die Nachfrage von zivilen Behörden zunehmen, sorgt die Armee vor. So kann das VBS neu auch Truppen, die nicht zu den Milizformationen mit hoher Bereitschaft gehören, aufbieten.
Nach einer Ausbildung von wenigen Tagen werden die so vorsorglich Ausgebildeten wieder aus dem Dienst entlassen. Sobald weitere Gesuche der Kantone eintreffen, können sie für einen Einsatz aufgeboten werden.
Infizierte auch in der Armee
Die Armee ist auch ein Ort der potenziellen Ansteckung. So sind 90 Angehörige der Armee (AdA) derzeit in Quarantäne, fünf sind positiv auf das Coronavirus getestet worden.
Wie Korpskommandant Aldo Schellenberg, Stellvertretender Chef der Armee, gegenüber SRF erklärt, werden Hygene- und Distanzempfehlungen des BAG auch in der Armee eingehalten. Zudem versuche man so weit wie möglich keine unterirdischen Truppenunterkünfte zu beziehen. Die spezialisierten Santitätsformationen würden in RS und WK genau diese Fälle von logistischer und Pflege-Unterstützung bei Epidemien üben, so Schellenberg.