Elternzeit: Kommission für Familienfragen stellt neues Modell vor
Die Eidgenössische Kommission für Familienfragen (EKFF) hat ein neues Modell der Elternzeit vorgestellt: Eltern sollen 38 Wochen Urlaubsanspruch erhalten.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit 2010 fordert die Eidgenössische Kommission für Familienfragen (EKFF) eine Elternzeit.
- Das Modell soll eine gerechte Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit ermöglichen.
- Unabhängig von Geschlecht und Zivilstand sollen Eltern 38 Wochen Urlaubsanspruch erhalten.
Bei der Geburt eines Kindes haben Mütter in der Schweiz Anspruch auf einen bezahlten Urlaub von 14 Wochen. Väter können ihrerseits zwei bezahlte Urlaubswochen beziehen. Bis dato ist es hierzulande allerdings nicht möglich, eine «Elternzeit» zu beziehen, welche zwischen Vater und Mutter frei aufteilbar ist.
Die Eidgenössische Kommission für Familienfragen (EKFF) ist überzeugt, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch den reellen Ansprüchen derzeit nicht genüge: Lediglich 18 Prozent der Mütter nehmen bereits 14 Wochen nach der Geburt wieder eine Erwerbstätigkeit auf. Auch 22 Wochen nach der Geburt ist erst die Hälfte der Mütter wieder erwerbstätig. Heute hat die EKFF im Rahmen einer Medienkonferenz deshalb ein überarbeitetes Elternzeitmodell vorgestellt, um die gesellschaftliche Debatte zur Thematik voranzutreiben.
Lösungsvorschlag: 38 Wochen Elternzeit
Für die EKFF steht fest: Die aktuellen Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit sind in der Schweiz «in erheblichem Masse» unzureichend. Aus diesen Gründen fordert die EKFF bereits seit 2010 die Einführung der Elternzeit auf nationaler Ebene. Diese soll die Rahmenbedingungen für eine für beide Elternteile gerechte Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit schaffen.
Abgestützt auf rund 140 wissenschaftlichen Studien, verlangt die Kommission einen gesetzlich verankerten, maximalen Urlaubsanspruch von insgesamt 38 Wochen. Dabei versuche das neue Modell, den Urlaubsbezug zwischen den Elternteilen bestmöglich anzugleichen.
Paritätische Inanspruchnahme
Für Mütter setzt sich der Anspruch im neuen Modell wie folgt zusammen: Ein vorgeschriebener Urlaubsanspruch von 8 Wochen (Arbeitsverbot nach der Geburt) und zusätzliche 8 bis 15 Wochen Elternzeit. Für Väter wiederum besteht ein Urlaubsanspruch von 15 Wochen Elternzeit. Dieser kann mit Zustimmung der Mutter um bis zu 7 Wochen aus ihrem Anspruch auf maximal 22 Wochen verlängert werden.
Auf diese Weise soll das neue Modell dafür sorgen, dass der Urlaubsbezug zwischen beiden Elternteilen paritätischer ausfällt: Tendenziell neigen Mütter – so die internationale Forschungsliteratur – dazu, ihren Urlaubsanspruch vollumfänglicher auszuschöpfen. Um dennoch für eine vergleichbare Inanspruchnahme zu sorgen, soll jetzt die Übertragbarkeit anders ausgestaltet werden.
Zwei Wochen vorgeburtlicher Bezug
Überdies sollen zwei Wochen Urlaub bereits vor der Geburt bezogen werden können. Damit könnten die Kosten zulasten der Arbeitgeber gesenkt werden, so die EKFF. Insgesamt müssten die 38 Wochen innerhalb der ersten 18 Lebensmonate des Kindes bezogen werden. Dabei könnten nur zwei Wochen Urlaub von beiden Elternteilen gleichzeitig bezogen werden.
Mit Ausnahme des achtwöchigen Arbeitsverbots für Mütter soll der Bezug von beiden Elternteilen am Stück oder in Teilzeit möglich sein. Auf diese Weise sollen beide Elternteile die Möglichkeit erhalten, langsam in die Erwerbstätigkeit zurückzukehren. Während den acht Wochen Arbeitsverbot der Mutter sollen 100 Prozent des letzten Einkommens entschädigt werden. Die restlichen 30 Wochen Urlaubsbezug wiederum sollten zu 80 Prozent entschädigt werden.
Überdies soll während der Elternzeit für beide Elternteile ein Kündigungsschutz gelten. Schliesslich soll der Urlaubsanspruch für sämtliche Erziehungsberechtigte gelten, unabhängig von Geschlecht und Zivilstand, um gleichgeschlechtliche Paare nicht zu diskriminieren.
Mehrkosten zwischen 1,4 und 1,7 Milliarden Franken
Gegenüber dem heutigen Modell würde der Vorschlag jährliche Mehrkosten in der Höhe von 1,44 bis 1,67 Milliarden Franken verursachen. Insgesamt würde das neue Modell also 2,45 bis 2,68 Milliarden Schweizer Franken pro Jahr kosten. Die EKFF ist allerdings überzeugt, dass die resultierende Erhöhung der Frauenerwerbsquote genügend Steuereinnahmen generieren würde, um diese Mehrkosten zu decken.
Das Modell der Elternzeit erlaube eine gerechtere Aufteilung von Betreuungs-, Familien- und Erwerbsarbeit und habe positive Effekte auf die Kindesentwicklung. Überdies wirke das Modell dem Fachkräftemangel entgegen und habe das Potenzial, Geburtenraten und wirtschaftliche Produktivität zu steigern. Schliesslich fördere das Modell auch die Gleichstellung und das generelle, gesellschaftliche Wohlbefinden, so die EKFF. Die Kommission stellt sich die Frage: «Worauf wartet die Schweiz noch?»