FDP-Chefin Petra Gössis Appell für mehr Frauen in der Politik
FDP-Präsidentin Petra Gössi geht in die Gender-Offensive. Im Interview mit Nau prangert sie an, dass Politikerinnen oft auf ihr Äusseres reduziert werden. Sie appelliert an das Selbstbewusstsein der Frauen - und fordert eine starke Kandidatin für die Nachfolge von Schneider-Ammann.
Das Wichtigste in Kürze
- FDP-Präsidentin Petra Gössi will mehr Frauen in Bundesrat und Parlament.
- Für die Schwyzerin ist klar: «Gemischte Teams funktionieren besser.»
- Frauen würden sich oft nicht in die Politik getrauen, weil immer stärker auf die Person gespielt werde.
- Zur Nachfolge von Bundesrat Schneider-Ammann sagt sie: «Ich wünsche mir eine starke Frauenkandidatur.»
Die FDP soll weiblicher werden, forderte Ex-Präsident Philipp Müller diese Woche. Nun schaltet sich die Chefin der Freisinnigen persönlich in die Debatte ein. Im Nau-Interview plädiert Petra Gössi für mehr FDP-Frauen im Bundeshaus. Sie benennt die Probleme von jungen Politikerinnen - und sagt, wie diese gelöst werden können.
Frau Gössi, Ihr Vorgänger
Philipp Müller hat in der FDP einen Frauenmangel ausgemacht – und fordert, dass
die Partei bei den Wahlen 2019 Frauen auf die besten Plätze setzt.
Einverstanden?
Petra Gössi: Erst einmal muss ich
klarstellen, dass dies nicht in der Kompetenz der FDP Schweiz liegt. Zuständig
dafür sind die Kantonal- und Ortsparteien. Inhaltlich hat Kollege Müller aber
völlig recht: In der Bundeshaus-Fraktion brauchen wir unbedingt mehr Frauen.
Gemischte Teams funktionieren besser.
Da wäre doch eine gewisse
Bevorzugung von guten Kandidatinnen ein legitimes Mittel.
Wir werden im Hinblick auf die
nationalen Wahlen sicher mit den Kantonalparteien zusammensitzen. Persönlich
finde ich die Förderung von Frauen mit guten Listenplätze eine gute Sache.
Primär geht es aber darum, ihnen die Angst zu nehmen.
Wie meinen Sie das?
Leider trauen sich viele
Frauen ein politisches Amt nicht zu. Es gibt immer Ausnahmen, aber im Vergleich
zu den Männern verfügen talentierte Jungpolitikerinnen oft nicht über derart
viel Selbstbewusstsein wie ihre Kollegen.
Woran liegt das?
Frauen haben oft das Gefühl,
dass sie es nicht schaffen, Familie, Beruf oder Ausbildung und Politik unter
einen Hut zu bringen. Fakt ist: Es ist noch kein perfekter Politiker vom Himmel
gefallen. Das Politisieren lernt man erst, wenn man es praktisch ausübt. Vor
dieser Hürde schrecken viele Frauen zurück. Dazu kommt: Die Politik ist
ruppiger geworden, es wird auf die Person gespielt.
Sind Frauen davon stärker
betroffen als Männer?
Frauen fällt es meines
Erachtens schwieriger, damit umzugehen. Männer sind sich den harten
Konkurrenzkampf und Wettbewerb wahrscheinlich mehr gewohnt. Zudem habe ich die
Erfahrung gemacht, dass Frauen eher auf ihr Äusseres reduziert werden als
Männer, sei dies nun im Positiven oder im Negativen. Deshalb stellen sich
Frauen schnell mal die Frage, wieso sie sich das überhaupt antun sollen.
Sie selbst sind beruflich
engagiert und Chefin einer grossen Bundesratspartei. Würden Sie ihr heutiges
Pensum auch schaffen, wenn sie Kinder hätten?
Nein. Ich arbeite im Moment rund
sechs Tage à 14 oder 15 Stunden. Das ist aber ein Entscheid, den ich ganz
bewusst für mich getroffen habe. Sollte sich die Situation ändern, müsste ich
die Prioritäten verschieben. Ich bin aber überzeugt: Für Politik ist immer
Platz zu finden. Ein leuchtendes Beispiel ist in dieser Beziehung
SVP-Nationalrätin und Unternehmerin Magdalena Martullo-Blocher.
Sind Sie eine Quotenfrau?
Nein (lacht). Ich kandidierte
2007 auf der Liste der FDP Schwyz für den Nationalrat und habe daraus sehr viel
gelernt. In der Folge übernahm ich bewusst mehr Verantwortung und wurde auch
gefördert. Allerdings nicht weil ich eine Frau war, sondern weil ich mich
engagierte und mir Mühe gab, bekannter zu werden. 2011 stand ich dann zuoberst
auf der Liste und habe die Wahl geschafft.
Nun können Sie als
FDP-Präsidentin an vorderster Front mitreden, wenns um die Neubesetzung von
Bundesratssitzen geht. Müssen auf Doris Leuthard und «ihren» Johann
Schneider-Ammann zwei Frauen folgen?
Als Liberale bin ich
konsequent gegen niedergeschrieben Quoten in Gesetzen oder gar der Verfassung.
Aber: Auch der Bundesrat funktioniert als gemischtes Gremium besser. Deshalb
wünsche ich mir, dass die FDP bei der nächsten Vakanz eine starke Frauenkandidatur
stellen kann. Das würde mich auch für die Partei freuen. Aber: Bei einer Wahl
gibt es noch viele andere Aspekte, die zu berücksichtigen sind.