Gesundheitspolitikerinnen wollen keine Impfpflicht
Katharina Prelicz-Huber (Grüne) findet einen Impfzwang für Pflegefachleute «respektlos», Verena Herzog (SVP) «eine Frage der Ethik».
Das Wichtigste in Kürze
- Das Pflegepersonal in Frankreich wird sich gegen das Coronavirus impfen lassen müssen.
- Für Schweizer Gesundheitspolitikerinnen wäre eine Pflicht nicht willkommen.
- Stattdessen soll mehr über die Impfung informiert werden.
Ab Mitte September wird eine Impfpflicht für das Pflegepersonal in Frankreich umgesetzt. Wer bis dahin nicht geimpft ist, verliert die Stelle und den Lohn. Das soll Patientinnen und Patienten sowie vulnerable Personen wie Ältere und Menschen mit Behinderungen schützen. In England soll die Impfpflicht ab Oktober gelten, sowohl für Pflegepersonal wie auch Köche und Coiffeure.
Der Bund kann keine Impfpflicht verhängen, höchstens ein Impfobligatorium. Einzelne Unternehmen aber dürften die Impfung von ihren Angestellten verlangen. Beispielsweise private Kliniken.
Prelicz-Huber: «Absolutistischer» Gedanke
Die Frage sorgt auf jeden Fall für reichlich Aufregung, auch innerhalb der Gesundheitskommission im Nationalrat. Katharina Prelicz-Huber beispielsweise bezeichnet sie als «völlig absurd» und «kontraproduktiv». «Wir haben diese absolutistisch denkenden Personen, die meinen, man müsse den Menschen mit Zwang beikommen», so die Grüne.
Die Forderung eines Impfzwangs für das Pflegepersonal sei «respektlos und zeugt von wenig Wissen und Wertschätzung gegenüber diesem Job». Pflegefachleute wüssten, wie sich schützen und hielten sich an die Hygienemassnahmen. Denn es existiere einer Reihe anderer «hochansteckenden und potenziell tödlichen Krankheiten», sagt Prelicz-Huber und zählt auf: «HIV, Typhus, Malaria – schon vergessen?»
«Eine Frage der Ethik»
Ihr Kommissionskollegin Verena Herzog sieht es gemässigter. «Impfungen sind ein Eingriff in die körperliche Integrität», so die SVP-Nationalrätin. Es sei jedoch «eine Frage der Ethik», sich als Teil des Gesundheitspersonals impfen zu lassen. Sowohl für den Schutz der Patienten und Patientinnen, als auch aus «Rücksicht und Solidarität gegenüber den anderen Mitarbeitern».
Gemäss Epidemiengesetz sei ein Impfobligatorium als «ultima ratio» bei «erheblicher Gefahr» einsetzbar, erklärt Herzog. Aber nur bei Personen, welche «bestimmte Tätigkeiten» ausübten, streicht sie heraus. «Allerdings würde ich mir mit besserer Aufklärung erhoffen, dass das Pflegepersonal seine Verantwortung wahrnimmt und keine Impfpflicht nötig ist.»
Beide Nationalrätinnen setzen auf mehr Aufklärung und Bildung. Verena Herzog schlägt vor, dass auch Vektor- oder Protein-basierte Impfstoffe zugelassen werden könnten. Das würde das Misstrauen senken, so die Thurgauerin.
Katharina Prelicz-Huber würde die Gerüchte rund um «Unfruchtbarkeit und Erektionsstörungen» in Angriff nehmen. «Allerdings weniger beim Pflegepersonal als in der restlichen Bevölkerung», präzisiert die Zürcherin.