Hinterbliebene Elternteile sollen 16 Wochen Urlaub erhalten
Stirbt ein Elternteil kurz nach der Geburt eines Kindes, soll der überlebende Vater oder die überlebende Mutter künftig Anspruch auf 16 Wochen Urlaub haben. Dafür hat sich der Nationalrat am Donnerstag ausgesprochen.
Die grosse Kammer hiess die Vorlage, ausgelöst durch eine parlamentarische Initiative der früheren St. Galler GLP-Nationalrätin Margrit Kessler, mit 171 zu 1 Stimmen bei 22 Enthaltungen gut. Letztere stammten insbesondere von der FDP. Kessler forderte ursprünglich 14 Wochen Urlaub für hinterbliebene Väter. Die Vorlage geht in den Ständerat.
Die vorberatende Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) hatte mit Stichentscheid des Präsidenten beantragt, einen über die Erwerbsersatzordnung (EO) entschädigten Urlaub von 14 Wochen einzuführen. Die Übertragung des Anspruchs des anderen Elternteil lehnte sie ab.
Hinterbliebene Väter sollten also lediglich zwei Wochen Vaterschaftsurlaub zu Gute habe, und für hinterbliebene Mütter hätte der zweiwöchige Vaterschaftsurlaub nicht an den Mutterschaftsurlaub angerechnet werden sollen.
Der Rat entschied sich aber mit 112 zu 76 Stimmen bei 5 Enthaltungen für den grosszügigeren Vorschlag einer Kommissionsminderheit, der die ursprünglich in die Vernehmlassung geschickte Version mit 16 Wochen verlangte. 20 Wochen Urlaub, die eine zweite Minderheit verlangte, lehnte der Nationalrat jedoch ab.
Der Vorschlag für 16 Wochen folge einer simplen Logik, sagte Jörg Mäder (GLP/ZH). Der Anspruch des einen Elternteils werde einfach auf den hinterbliebenen übertragen, also 14 plus 2 respektive umgekehrt. «Wollt ihr wirklich die Menschlichkeit opfern für 120'000 Franken im Jahr», fragte der Minderheitensprecher sichtlich fassungslos.
Mit der gewählten Version wolle der Rat verhindern, dass der Mutterschafts- respektive der Vaterschaftsurlaub erlösche, sondern auf den hinterbliebenen Elternteil übertragen werde, betonte Flavia Wasserfallen (SP/BE). Die Seltenheit der Vorfälle mindere die Tragik nicht, erklärte Tiana Angelina Moser (GLP/ZH). Die Lösung helfe mit, neben der Trauer das Leben als Hinterbliebene neu zu organisieren.
Auch der Bundesrat sprach sich für die von der Ratsmehrheit beschlossen Variante aus. Sie gewährleiste die Gleichbehandlung der hinterbliebenen Mutter respektive des hinterbliebenen Vaters. Die Folgekosten seien vernachlässigbar, betonte Gesundheitsminister Alain Berset.
Todesfälle aufgrund von Komplikationen nach einer Schwangerschaft oder Geburt sind in der Schweiz sehr selten. Von 2005 bis 2021 waren laut Bundesamt für Statistik (BFS) durchschnittlich fünf von rund 82'000 Geburten betroffen.
Die Kosten für die Erwerbsersatzordnung für 2024 werden auf 120'000 Franken geschätzt. 80'000 Franken entfallen auf den Urlaub für hinterbliebene Väter und 40'000 Franken auf den Urlaub für hinterbliebene Mütter.