-ic dürfen sich bald -ić schreiben– aber wollen sie auch?
Mit technischen Anpassungen werden Namen mit Sonderzeichen wie «ć» amtlich möglich. Betroffene reagieren unterschiedlich.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat macht fast alle europäischen Sonderzeichen in Namen amtlich möglich.
- Bislang wurden z.B. Namen, die auf «-ić» enden, einfach als «-ic» geschrieben.
- Nau.ch hat bei Betroffenen nachgefragt, wie sie diese Neuerung beurteilen.
«Herrje, nein, das spar ich mir lieber», sagt der ungenannt sein wollende Zeitgenosse mit Migrationshintergrund mit einem Augenrollen. Sein Nachname mit sechs Buchstaben enthält gleich zwei Sonderzeichen. Beziehungsweise: Er würde sie enthalten, wenn diese in Schweizer Personenregistern erlaubt wären.
Nun hat der Bundesrat genau dies in die Wege geleitet: Mit einer technischen Anpassung soll fast allen europäischen Sprachen gerecht werden. Buchstaben wie «ć» oder «ř» würden zum Beispiel bei Einbürgerungen nicht mehr «eingeschweizert» zu «c» oder «r».
«Grosse Bedeutung», schlicht verwirrend…
Auch wenn ein Drittel seines Nachnamens verunstaltet ist: Der eingangs Erwähnte will seine amtliche Schreibweise nicht ändern lassen, auch wenn er kann. Mittlerweile werde sein Name auch so korrekt ausgesprochen und vor ausgedehnter Buchstabiererei am Telefon graut ihm. Ein Problem, das den ehemaligen Präsidenten von «Second@s Plus» nicht aufhalten kann. «Meinen Namen muss ich bis anhin auch jeweils buchstabieren», sagt Tvrtko Brzovic.
Im Alltag ist er bereits jetzt als «Tvrtko Brzović» unterwegs: «Viele werden meinen, dass es sich nur um ein kleines Zeichen handelt. Jedoch hat dieses Zeichen für mich eine grosse Bedeutung, da es zu meinem Namen und zu meiner Identität gehört.» Er hat die Erfahrung gemacht, dass gerade im beruflichen Kontext sich viele an diese Schreibweise gewöhnt hätten und sie benutzten.
Für sich und seine Kinder werde er «auf jeden Fall» die Änderung beantragen. Ob es ihm viele gleichtun, hänge wohl auch von Aufwand und Gebühren ab.
… oder ist das «-ic» kein Problem?
Ein weniger emotionales Verhältnis zum «c mit Akut» hat die Präsidentin der Basler Sektion von «Neue Heimat Schweiz», Jasna Milanovic. «Ich persönlich hatte nie Probleme mit dem ‹c› am Ende». Im Zweifelsfall buchstabiert sie das «tsch» einfach als «C wie Cäsar». Auch selbst schreibt sie den Akut eher nicht: «Ich habe keine Zeit, dies immer umzustellen auf den Tastaturen von iPhone und PC.»
In ihrem Umfeld würde man die korrekte Schreibweise aber durchaus begrüssen. Eine Bekannte betone, in der Schweiz werde man sonst ja auch stets korrigiert, wenn man etwas falsch schreibe. Auch diktieren sei nicht schwer, findet eine Freundin: einfach «c» mit einem Aigu, wie im Französischen.
Jasna Milanovics Sohn wiederum hätte zwar gerne «Milanović» in seinem Pass stehen: «Man hat sich damit bis jetzt vielleicht zu wenig auseinandergesetzt.» Aber er befürchtet auch, dass dann des öftern am Telefon der Name ausbuchstabiert werden müsste. Immerhin habe sich die Schweizer Bevölkerung mittlerweile angewöhnt, «-ic» korrekt zu lesen und eine Änderung könnte eher verwirren.
Zukünftig Eingebürgerte haben wohl keine Wahl
Tvrtko Brzović ist sich bewusst, dass es auch andere Haltungen als die seinige zu diesem Thema gibt. «Die Sonderzeichen werden bewusst weggelassen oder gar die Schreibweise der Namen wird verändert, um das Slawische möglichst unkenntlich zu machen.» Denn bei der Job- und Wohnungssuche seien sonst immer noch Nachteile möglich. Doch wie das Bundesamt für Justiz auf Nachfrage bestätigt, würde für frisch Eingebürgerte gemäss geltendem Recht keine Wahlmöglichkeit bestehen.
Artikel 24 der Zivilstandsverordnung ist diesbezüglich eindeutig: Namen werden so erfasst, wie es der Standardzeichensatz erlaubt. Ist dieser einmal in allen Personenregistern technisch angepasst, wird aus einem Matešić nie mehr ein Matesic. Zwar werden die Verordnungen im Rahmen des Anpassungsgesetzes noch überprüft. Sollte es aber dabei bleiben, müsste eine Zeichenänderung mittels Namensänderungsgesuch geltend gemacht werden.
Vollwertig schweizerische Sonderzeichen
Für manche Eingebürgerte ist die korrekte Schreibweise mittlerweile nicht mehr derart prioritär. Man hat sich daran gewöhnt, genau so wie man sich daran gewöhnt hat, die Namen trotzdem korrekt auszusprechen. Aber wer weiss, vielleicht ist dies in zehn Jahren wieder anders. Es könnte genau so gut zur Selbstverständlichkeit werden, die «c» am Namensende mit Akut zu schreiben.
So wie es eine Selbstverständlichkeit ist, «Cédric» mit «accent aigu» zu schreiben. Wie bei Cédric Wermuth, dessen Vorstoss von 2016 am Ursprung der Lösungssuche in der Bundesverwaltung stand.
Wermuth führte unter anderem an: «Menschen und Namen mit zum Beispiel kroatischem Akut sind genauso vollwertig ‹schweizerisch› wie Frau Müller oder Herr Meier.» Mittlerweile ist Nationalrat Wermuth ja auch Co-Präsident der SP, zusammen mit Mattea Meyer. Meyer mit «y», nicht mit «i»: Vollwertig schweizerische Namen, die man jedes Mal buchstabieren muss, sind ja auch nichts Neues.