Ignazio Cassis aus dem Tritt auf der Zielgeraden zum Rahmenabkommen
Das Wichtigste in Kürze
- Ab Montag diskutieren die Schweiz und die EU weiter über ein institutionelles Rahmenabkommen.
- Aussenminister Ignazio Cassis zeigt sich trotz einiger Hürden zuversichtlich.
Ab Montag findet eine weitere Verhandlungsrunde über ein institutionelles Rahmenabkommen statt. Die Schweiz und die EU haben sich inzwischen im Grundsatz auf ein Schiedsgericht geeinigt. Jetzt zeigen sich weitere Differenzen.
Aussenminister Ignazio Cassis gab sich zuletzt zuversichtlich. «Auf technischer Ebene sind wir so weit fortgeschritten, dass die Verhandlungen bis zum Sommer abgeschlossen werden können», sagte er an der Muba-Eröffnung Ende April in Basel. Eine Woche später musste er in der Aussenpolitischen Kommission des Ständerats eingestehen, dass es noch einige Hürden zu meistern gibt.
Diese sind zum Teil erheblich. Mit einigen Forderungen kratzt die EU-Verhandlungsdelegation an den roten Linien des Bundesrats. Dazu gehören die flankierenden Massnahmen. Ohne diesen Schutz vor Dumpinglöhnen und missbräuchlichen Arbeitsbedingungen gibt es für die Linke kein Rahmenabkommen. Damit wäre das Projekt innenpolitisch am Ende.
EU wittert Diskriminierung
Nach Ansicht der EU verletzen einzelne flankierende Massnahmen das Freizügigkeitsabkommen. Brüssel hält die drohenden Sanktionen, die in erster Linie gegen EU-Unternehmen gerichteten Kontrollen und vor allem die 8-Tage-Regel, für diskriminierend.
Nach dieser müssen Unternehmen aus der EU Dienstleistungen in der Schweiz 8 Tage vor Erbringung anmelden. Wer einen Rohrbruch habe, könne nicht so lange auf den Handwerker warten, illustrierte ein Kenner des Dossiers in Brüssel die Vorbehalte der EU.
Für den Bundesrat handelt es sich bei den flankierenden Massnahmen um Schweizer Recht, das nicht unter die Regeln des Rahmenabkommens fällt. Die Europarechtlerin Christa Tobler kennt die aktuelle Position der EU nicht im Detail. Sie geht aber davon aus, dass Brüssel nicht bereit ist, die flankierenden Massnahmen insgesamt von den Verhandlungen auszunehmen, wie sie der sda sagte.
Offene Fragen zur Unionsbürgerschaft
Das gleiche dürfte für die Unionsbürgerrichtlinie gelten – ebenfalls eine rote Linie des Bundesrats. Laut Tobler gilt es jedoch zu differenzieren. Die Richtlinie regelt einerseits mit der Unionsbürgerschaft verbundene Ansprüche wie die Gleichbehandlung mit Bezug auf die Sozialhilfe.
Ob alle technischen Fragen bis zur Sommerpause beantwortet werden können, ist ungewiss. Vor Ende Jahr möchte Cassis das Abkommen unterschreiben. 2019 finden in der Schweiz und in der EU Wahlen statt, was eine Einigung unwahrscheinlich erscheinen lässt.