Initiativ-Komitees fordern Anpassung der Regeln
Leere Strassen und abgesagte Grossanlässe bedeutet auch: Schlechte Zeiten, um jetzt Unterschriften zu sammeln. Anpassungen sind nötig, verlangen die Komitees.
Das Wichtigste in Kürze
- Auch das Unterschriftensammeln gestaltet sich wegen der Coronakrise schwierig.
- Verschiedene Initiativkomitees verlangen daher eine Anpassung der Spielregeln.
Wer in der Schweiz eine Volksinitiative lancieren will, braucht 100'000 Unterschriften. Dafür hat das Komitee anderthalb Jahre Zeit. Aktuell befinden sich 15 Volksinitiativen in dieser Sammelphase (siehe am Schluss des Artikels).
Doch mit dem Erliegen des öffentlichen Lebens Mitte März durch den Teil-Lockdown, ging auch das Unterschriftensammeln ins Stocken. Der Bundesrat beschloss gar, das Sammeln bis Ende Mai zu verbieten.
Am 1. Juni dürfen sich die Unterschriftensammler wieder auf die Jagd begeben. Allerdings ist kaum davon auszugehen, dass dann wieder die gleichen Bedingungen herrschen wie vor der Krise.
Schaden für die Demokratie
Das sieht auch Nicolas A. Rimoldi so. Der Kampagnenleiter des E-Voting-Moratoriums hat sich an den Bundeskanzler Walter Thurnherr gewandt.
Zehn weitere Initiativkomitees unterstützen Rimoldi. Die Lage sei sehr ernst, doch gemeinsam könne man bleibenden Schaden von der Demokratie abwenden.
SVP-Nationalrätin Yvette Estermann steht gleich hinter drei Volksinitiativen. «Die Situation lähmt nicht nur die ganze Gesellschaft, sondern auch die demokratischen Rechte sind auf Eis gelegt», sagt sie. Weitere Mitunterzeichnende von Rimoldis Bittbrief sind etwa Patrick Eugster, Präsident der Renteninitiative oder Hans Moser, Co-Präsident der Pflegefinanzierungs-Initiative.
Sonderregeln gefordert
Rimoldi erklärt das Dilemma: Anlässe, bei denen erfahrungsgemäss viele Unterschriften zusammenkommen, finden nicht statt. Standaktionen auf der Strasse sind praktisch unmöglich, will man die Hygieneempfehlungen einhalten.
Ein Grossteil der Bevölkerung werde– verständlicherweise – gegenüber Unterschriftensammlern, die sie auf der Strasse ansprechen, ablehnend reagieren. Im Klartext: «Realistisch betrachtet tendieren die Erfolgsaussichten von Unterschriftensammlungen im öffentlichen Raum gegen Null.»
Deshalb fordert die Initiativkomitee-Allianz nun Sonderregelungen. Konkret soll die Anzahl notwendiger Unterschriften halbiert werden. Sammelfristen sollen um mindestens sechs Monate verlängert werden. Und: In den Abstimmungscouverts für die Abstimmung im September, sollen auch Unterschriftenbögen aller laufenden Volksinitiativen beigelegt werden.
Alternativen zum Sammeln auf der Strasse bieten sich den Komitees durch Versenden der Unterschriftenbögen oder E-Collecting. Gemäss Rimoldi können diese die Ausfälle niemals ersetzen. Ohne Unterstützung der Bundeskanzlei sieht der Luzerner schwarz.
Ist es bereits zu spät?
Das Initiativkomitee für eine 13. AHV-Rente hat sich an Rimoldis Appell nicht beteiligt. Man überlege intern noch, wie man die Initiative am besten und schnellsten zustande bringen könnte, so Kampagnenleiter Benoît Gaillard. Man warte zudem noch auf die Vorgaben der Bundeskanzlei, die dem Vernehmen nach nächste Woche veröffentlicht werden sollen.
«Der Schaden ist bereits angerichtet», zeigt sich Yvette Estermann indes konsterniert. «Die Erfüllung der Forderungen ist nur ein kleiner Trost für alle Beteiligten.»
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Darum geht es
Folgende Volksinitiativen befinden sich derzeit im Sammelstadium:
• Für ein besseres Leben im Alter (Initiative für eine 13. AHV-Rente)
• Mikrosteuer auf dem bargeldlosen Zahlungsverkehr
• Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renteninitiative)
• Mobilfunkhaftungs-Initiative
• Für einen gesundheitsverträglichen und stromsparenden Mobilfunk
• Hilfe vor Ort im Asylbereich
• Ja zu steuerfreien AHV- und IV-Renten
• Neufinanzierung der Pflege – Krankenkassenprämien senken! (Pflegefinanzierungs-Initiative)
• Ja zu mehr Mitbestimmung der Bevölkerung bei der Kranken- und Unfallversicherung
• Ja zur Abschaffung der Zeitumstellung
• Für eine generationengerechte Altersvorsorge (Vorsorge Ja – aber fair)
• Gegen die Verbauung unserer Landschaft (Landschaftsinitiative)
• Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)
• Für eine sichere und vertrauenswürdige Demokratie (E-Voting-Moratorium)
• Integration des Landeskennzeichens in das Kontrollschild (Kontrollschildinitiative)