Inselgruppe: Links-Grün befürchtet weitere Spital-Schliessungen
Das Wichtigste in Kürze
- Die Inselgruppe muss zwei Spitäler aus finanziellen Gründen schliessen.
- Linke Parlamentarierinnen sind alarmiert und befürchten weitere Spital-Schliessungen.
- Der Fachkräftemangel beim Gesundheitspersonal sei zu lange vernachlässigt worden.
Die Berner Inselgruppe schreibt im Jahr 2022 einen Verlust von 80 Millionen Franken. Deshalb sollen die Spitäler Tiefenau und Münsingen geschlossen werden. Betroffen sind rund 1000 Mitarbeitende. Insgesamt sollen 200 Stellen gestrichen werden.
Die Millionenverluste begründet die Inselgruppe, zu der auch das Inselspital gehört, hauptsächlich mit dem Fachkräftemangel. Dieser sei durch die Coronakrise zusätzlich verschärft worden.
Gewerkschafts-Präsidentin fordert Erhöhung der Tarife
Katharina Prelicz-Huber, Grünen-Nationalrätin und Präsidentin der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes VPOD, ist entrüstet. «Es ist alarmierend, dass wir bereits am Punkt sind, an dem Kliniken wegen des Fachkräftemangels schliessen müssen.» Der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen sei seit langem bekannt, und trotzdem habe man jahrelang nichts gemacht. «Das ist ernüchternd.»
Die Inselgruppe klagt ausserdem über eine schwierige Tarifsituation. Die Tarife bildeten weder die Verbesserung der Anstellungsbedingungen noch die allgemeine Teuerung ab. Nationalrätin Prelicz-Huber gibt der Spitalleitung recht: «Ambulante Leistungen rentieren aktuell nicht, da braucht es dringend eine Anpassung.»
Prelicz-Huber: Milliarden für die Banken – und für die Gesundheit?
Die Erhöhung dürfe jedoch nicht auf die Patientinnen und Patienten über die Krankenkassen-Prämien abgewälzt werden. «Hier muss der Bund und die Kantone einspringen. Das kann doch nicht sein: Für die Rettung einer Bank werden 209 Milliarden locker gemacht, für die Gesundheit der Bevölkerung ist aber kein Geld übrig.»
Haben Sie Verständnis für die Schliessung zweier Spitäler aus finanziellen Gründen?
Im Gegensatz zu den Banken habe die Inselgruppe die Saläre der Top-Verdiener gedeckelt und keine Bonuszahlungen. «Das Spital hat seinen Teil vorbildlich geleistet – nun ist die Politik am Zug», fordert die VPOD-Präsidentin. Bei den geplanten Kündigungen soll die Führung allerdings über die Bücher: «Das kreide ich stark an und meine, das müsste verhindert werden können.»
Neben der Erhöhung der Tarife müsse die Pflegeinitiative rasch und konsequent umgesetzt werden. Und zwar in puncto Ausbildung als auch Verbesserung der Arbeitsbedingungen, fordert die Gesundheitspolitikerin.
«Nicht die letzten Spitäler, die schliessen»
Parteikollegin Manuela Weichelt findet die Entscheide grundsätzlich verständlich. Doch auch sie spricht von einem Alarmsignal, wenn der Grund der Schliessung beim fehlenden Personal liege. «Die Kantone und der Bund haben viel zu lange zugewartet, um die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern. Diese sind nicht gratis zu haben.»
Die Umsetzung der Pflegeinitiative sei auf Bundes- und Kantonsebene immer noch im Bummelzug unterwegs. Daneben bringt Weichelt aber auch die Abschaffung des Numerus clausus für das Medizinstudium ins Spiel. Denn wenn es so weiter gehe, seien dies nicht die letzten Spitäler, die schliessen.
SP-Wasserfallen sieht Privatkliniken als Profiteure
Auch SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen fordert zusätzliche Gelder für das Spitalwesen – allerdings vom Kanton. «Der Kanton müsste öffentliche Endversorgerspitäler vom Finanzdruck entlasten und stärker in die Grundversorgung wie die Hausarztmedizin investieren. Damit wird der Zugang für alle gewährleistet und die Menschen stehen im Zentrum der Gesundheitsleistung.»
Der Profitdruck im Gesundheitswesen produziere immer mehr Verlierer, in erster Linie die Landbevölkerung und das Gesundheitspersonal. «Privatkliniken hingegen können sich auf lukrative Bereiche und Patienten konzentrieren», so die Bernerin.
Bürgerliche zurückhaltend in der Beurteilung
«Ich habe keinen Einblick in die Bücher der Inselgruppe», betont Mitte-Nationalrat Lorenz Hess. Aber ich gehe davon aus, dass der Beschluss aus betriebswirtschaftlichen Gründen gefällt werden musste.
Für den Standort Bern und das Einzugsgebiet ist letztlich entscheidend, dass die Versorgung und die Qualität der Leistungen erhalten bleiben». Schlimm für die Betroffenen seien die Entlassungen, so Hess weiter. «Es ist zu hoffen, dass diese aufgrund des Fachkräftemangels rasch neue Beschäftigungen finden!»