Keller-Sutter: Kein Botschaftsasyl für russische Deserteure
Menschen im Ausland können Asylanträge nicht direkt vor Ort stellen – auch nicht russische Deserteure. Bundesrätin Karin Keller-Sutter will daran festhalten.
Das Wichtigste in Kürze
- Russland hat die Teilmobilmachung ausgerufen, die Zahl der Fahnenflüchtigen nimmt zu.
- Gleichzeitig wurden auch die Strafandrohungen für Fahnenflucht und Kapitulation erhöht.
- Deshalb verlang die SP die sofortige, temporäre Wiedereinführung des Botschaftsasyls.
Am 21. September hat der russische Präsident Wladimir Putin eine Teilmobilmachung seiner Streitkräfte angekündigt. Auf diese Weise kann die Russische Föderation 300'000 Reservisten für den Angriffskrieg in der Ukraine mobilisieren.
Nur wenige Tage später wurde bekannt: Russland hat als flankierende Massnahme zur Mobilmachung auch die Strafandrohungen für Fahnenflucht und Kapitulation erhöht. Soldaten, die ihren Posten verlassen oder vor dem Feind kapitulieren, müssten demnach mit Haftstrafen von bis zu zehn Jahren rechnen.
Bereits einige Stunden nach Bekanntwerden der Mobilmachung war für die Sozialdemokraten klar: Die Schweiz muss russischen Dienstverweigerern Schutz bieten. Nationalrätin Céline Widmer (SP/ZH) hat vom Bundesrat deshalb die sofortige Wiedereinführung des Botschaftsasyls verlangt. Denn gemäss Artikel 3, Absatz 3 des Asylgesetzes haben Kriegsdienstverweigerer keinen automatischen Anspruch auf Asyl.
Karin Keller-Sutter hält Wiedereinführung für unnötig
Bundesrätin Karin Keller-Sutter (FDP/SG) betont in ihrer Antwort, dass der Bundesrat keinen Anlass sieht, das Botschaftsasyl wiedereinzuführen. Personen, die in ihrem Heimatland unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet sind, könnten bereits ein Visum beantragen. Diese Möglichkeit zum «humanitären Visum» bestehe auch bei Schweizer Vertretungen im Ausland, die über konsularischen Dienstleistungen verfügen.
Somit könnten Kriegsdienstverweigerer in Russland auch ohne das Instrument des Botschaftsasyls ein humanitäres Visum beantragen. Die Botschaft in Moskau sei für solche Gesuche offen. Schliesslich betont Bundesrätin Keller-Sutter: Beim humanitären Visum handle es sich um ein schlankeres und weitaus weniger bürokratisches Verfahren, als bei demjenigen des Botschaftsasyls.
SVP dürfte erfreut sein
Der Entscheid des Bundesrates dürfte insbesondere innerhalb der Reihen der SVP auf positive Resonanz stossen: Bereits letzte Woche hatte Martina Bircher (SVP/AG) den Vorschlag der SP scharf kritisiert. Gegenüber Nau.ch betonte die Aargauerin, dass ein Schweizer Alleingang in dieser Angelegenheit keine gute Idee sei.
Überdies weist Bircher auch darauf hin, dass der Vorschlag der Sozialdemokraten einmal mehr die Doppelmoral der Linken zutage fördere: «Die Linken schreien die ganze Zeit immer, man könne nur gemeinsam mit Europa etwas tun. Doch jetzt soll die Schweiz ausgerechnet hier einen Alleingang machen?»