Keller-Sutter will frühzeitige Bilanz zum Schutzstatus S
Justizministerin Karin Keller-Sutter will noch vor Weihnachten einen Zwischenbericht zum Schutzstatus S studieren. Eine Arbeitsgruppe macht sich an die Arbeit.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Status S für ukrainische Flüchtlinge wird überprüft
- Am Donnerstag tagte die überparteiliche Evaluationsgruppe zum ersten Mal.
- Justizministerin Karin Keller-Sutter erwartet noch vor Weihnachten einen Zwischenbericht.
Justizministerin Karin Keller-Sutter will aus der Corona-Krise lernen: Bereits vor einer allfälligen Verlängerung des Schutzstatus S will sie einen externen Zwischenbericht studieren. Eine Arbeitsgruppe rund um alt Regierungsrat Urs Hofmann (SP/AG) macht sich an die Arbeit.
Die Evaluationsgruppe zum Status S tagte am Donnerstag zum ersten Mal. Mit dabei: alt Ständerat Roland Eberle (SVP), Nationalrat Kurt Fluri (FDP), alt Staatsrat Paolo Beltraminelli (Mitte) und alt Staatsrätin Béatrice Métraux (Grüne). Von Seite Bund sassen am Tisch der ehemalige Staatssekretär Mario Gattiker sowie die Staatssekretärin für Migration, Christine Schraner Burgener.
Vier Monate Krieg, vier Monate Status S
Die Evaluation müsse zeitnah erfolgen, betont Keller-Sutter: «Der Krieg dauert jetzt seit vier Monaten an, seit fast vier Monaten haben wir den Status S.» Ziel des Status S sei, Menschen schnell vorübergehenden Schutz zu gewähren, ohne Asylverfahren und ohne das reguläre Asylsystem zu belasten.
Die zentrale Frage sei deshalb, ob diese Erwartung erfüllt worden sei. «Ist es wichtig, dass man gewisse Dinge genauer regelt, wie die Abläufe mit den Gemeinden? Oder ist im Gegenteil die gewisse Flexibilität wichtig, sodass man darauf verzichtet?» Falls man den Status S wieder einmal anwenden wollte, sollten die heutigen Erfahrungen mit hineingedacht werden, fordert Keller-Sutter.
Zwischenbericht noch vor Ende Jahr
Die von Bundesrätin Keller-Sutter eingesetzte Gruppe hat den Auftrag, allfälligen gesetzgeberischen Handlungsbedarf in einem Bericht bis Ende Juni 2023 festzuhalten. Bereits bis Weihnachten will Keller-Sutter einen Zwischenbericht erhalten, wie sie vor den Medien in Bern bekanntgab. «Es kann nicht sein, dass wir warten, bis der Schutzstatus S allfällig widerrufen ist.» Der Bundesrat wird spätestens im März 2023 entscheiden müssen, wie es mit dem Status S weitergeht.
Evaluationsleiter Hofmann will analysieren, inwiefern der Bundesrat künftig seinen grossen Gestaltungsspielraum beim Status S behalten solle. Nicht zum Auftrag gehörten dagegen operative Fragen und Details des Vollzugs. «Wir sind nicht die Oberaufsichtskommission der Behörden.»
Arbeitsgruppe prüft Alternativen zum Status S
Ein Thema werde auch das Verhältnis von Status S zur vorläufigen Aufnahme sein, die in solchen Fällen üblicherweise angeordnet werde. «Wie stark ist die Rückkehr im Fokus, wie stark eine gewisse Integration, ist die Aufteilung der Finanzierung richtig? Auch Fragen zur Ablösung des Status S, was sind Kriterien und allenfalls Schwierigkeiten.»
Geprüft werde aber, ob es Alternativen gäbe zu einer Verlängerung des Schutzstatus nach einem Jahr, so Hofmann. Die Arbeitsgruppe wolle eine Basis schaffen für einen politischen Entscheid.
Unvergleichliche Ukrainerinnen?
Ob die Erfahrungen mit Ukraine-Flüchtlingen auf andere Flüchtlingsgruppen übertragen liessen, sei eine gute Frage, so Keller-Sutter im Interview. Der Bundesrat habe damals in den 90er-Jahren den Ex-Jugoslawien-Krieg im Hinterkopf gehabt.
Aus heutiger Sicht sei er dabei nicht allzu sehr daneben gelegen, findet Keller-Sutter. «Viele Fragen wurden damals antizipiert und vorweggenommen.» Allerdings sei auch dies ein Krieg in Europa gewesen, «auch vor der Haustüre».
Diesen Punkt will auch Hofmann genauer anschauen: «Inwieweit sind die jetzigen Erfahrungen zu verallgemeinern, oder wäre es bei weiter entfernten Staaten ganz anders?» Es sei wohl kein Zufall, dass der Status S zum ersten Mal bei einem europäischen Land angewendet werde: «Und nicht bei Syrien oder anderen Konfliktherden.»
Keller-Sutter: Nur Putin weiss, wie es weiter geht
Falls man den Status S wieder einmal anwenden wollte, sollten die heutigen Erfahrungen mit hineingedacht werden, fordert Keller-Sutter. Im Mai hatten Bund und Kantone ein erstes positives Fazit von der Aufnahme der Geflüchteten gezogen. Insgesamt habe man die Situation im Griff, auch wenn vieles Neuland sei. Am Donnerstag sagte Keller-Sutter: «Man muss Lehren ziehen aus den Erfahrungen, die wir jetzt machen.»
Wie es mit der Zuwanderung aus der Ukraine weitergeht, ist völlig offen. Die Zahlen seien derzeit rückläufig, sagte Keller-Sutter: «Das ist jedoch immer nur eine Momentaufnahme.» Alles könne sich schnell ändern. Nur Russlands Präsident Wladimir Putin wisse, was folgen werde: «Er hat es in der Hand, diesen Krieg zu beenden.»