Krampf statt Kampf: Kampfjet-Initiative erhitzt die Gemüter

Christof Vuille
Christof Vuille

Bern,

Der Nationalrat will das Armeebudget aufstocken. Parallel sammeln Armeegegner Unterschriften gegen Kampfjets. Die Stimmung im Land erschwert dies offenbar.

Viola Amherd Kampfjets GSoA
Verteidigungsministerin Viola Amherd darf sich über neue Armee-Milliarden freuen – die Anti-Kampfjet-Initiative bleibt aber als Bedrohung im Hintergrund. Noch immer sammeln GSoA, SP & Co- Unterschriften. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Rund 90'000 Unterschriften haben die Kampfjet-Gegner seit August gesammelt.
  • Diese laufe gut, behauptet die GSoA. Wirklich präsent ist die Initiative aber nicht.

Die Schweizer Armee und Verteidigungsministerin Viola Amherd dürfen jubeln. Der Nationalrat will das Budget für die Truppen auf ein Prozent des Brutto-Inland-Produkts erhöhen. Die Aufstockung auf rund sieben Milliarden Franken ist damit so gut wie sicher.

Der Vorstoss und der Entscheid sind direkte Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine. Auf dem ganzen Kontinent ist eine verstärkte Landesverteidigung im Trend, seit in Europa wieder Krieg herrscht. Dennoch sammeln SP, Grüne und die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) Unterschriften gegen neue Kampfjets.

F-35
Die F-35 des US-Herstellers Lockheed Martin während der Evaluation in der Schweiz auf dem Flughafen Payerne. - Nau.ch

Bürgerliche und selbst Amherd persönlich baten die Armee-Gegner, die Unterschriftensammlung abzubrechen. Die sicherheitspolitische Lage habe sich nun mal geändert. Die Linken erteilten dieser Bitte eine Absage – trotz katastrophalen Umfragen.

Kampfjet-Initiative: Drücken Linke aufs Bremspedal?

Dennoch scheint das Unterfangen im Moment mehr ein Krampf als ein Kampf zu sein. So war die SP etwa am 1. Mai oder an der BEA in Bern präsent. Werbung war aber für das Kampfjet-Anliegen kaum zu sehen. Auch auf der Homepage ist der Kampfjet eine Randnotiz.

SP Kampfjet Initiative
Die SP setzt aktuell nur am Rand auf eine rasche Sammlung der Unterschriften gegen Kampfjets. Die Partei setzt online und an Events voll auf die eigene Kita-Initiative. - zvg/sp-ps-ch

Ist das Klima schlecht dafür oder will man die Abstimmung verzögern? Schliesslich sind seit August bereits 90'000 Unterschriften zusammengekommen. Allerdings ist das kein Vergleich zur Anti-F/A-18-Initiative. Damals sammelte allein die GsoA in einem Monat 500'000 Unterschriften – ein Rekord!

FA18 Kampfjet Abstimmung
1993 sammelten GSoA-Vertreter in einem Monat eine halbe Million Unterschriften – ganz so rasch ging es diesmal nicht. - Keystone

SP-Sicherheitspolitikerin Priska Seiler Graf verweist auf Anfrage an die GSoA. Deren Sekretärin Anja Gada sagt: «Unsere Unterschriftensammlung läuft weiterhin gut.» Man gehe davon aus, dass die Abstimmung vor Unterzeichnung des Kaufvertrags der Ami-Jets stattfinden könne.

GSoA Anja Gada
GSoA-Sekretärin Anja Gada will kein Datum nennen zur Einreichung der Anti-Kampfjet-Initiative. - zvg/gsoa.ch

Noch sei aber unklar, wann die Initiative eingereicht werde. Realistisch sei, dass die Abstimmung am 12. März 2023 über die Bühne gehe. Ziel sei nicht, den parlamentarischen Prozess zu verlangsamen, «sondern parallel zur Besprechung der Armeebotschaft die Initiative zu beraten.»

GSoA kritisiert «Ausschlachtung» des Ukraine-Kriegs

Die GSoA sei «erschüttert» über den Krieg in der Ukraine. Dennoch sei es «unglaublich beschämend», wie die Bürgerlichen diesen innenpolitisch «ausschlachten» würden und versuchen, die Initiative unter Druck zu setzen.

Das Anliegen werde nicht zurückgezogen. Denn, so Gada: «36 Tarnkappenbomber des Typs F-35 garantieren nichts ausser einer Scheinsicherheit, riesigen Kostenexplosionen und einer Annäherung an die NATO

Unterstützen Sie den Kauf der neuen Kampfjets?

Um sicher zu sein, sammle man bis mindestens 110'000 Unterschriften, da immer einige Ungültige darunter seien. Viele Aktivistinnen und Aktivisten seien motiviert dazu. «Im Moment läuft es sehr gut», versichert Gada.

F35-Kampfjets: Bundesrat muss Vertrag noch unterschreiben

Sicher ist: Die Offerten des Kampfjet-Herstellers Lockheed Martin gelten nur bis März 2023. Die Bürgerlichen versuchen Druck zu machen für eine deutlich frühere Unterzeichnung des Kaufvertrags. Was die Linken als demokratie-feindlich ansehen, ist für SVP, FDP & Co. eine Selbstverständlichkeit.

SOG Binder Kampfjets
Marianne Binder (Mitte/AG) am Abstimmungssonntag des 27. September 2020, als die Schweiz die Kampfjet-Vorlage befürwortete. Ganz links neben ihr steht Stefan Holenstein, Präsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft. - Keystone

Schliesslich habe das Stimmvolk der Beschaffung neuer Kampfjets zugestimmt – im Wissen darum, dass nicht die Bevölkerung über die Typenwahl entscheidet. So oder so dürfte die Situation am Schweizer Himmel in den nächsten Monaten noch einiges zu reden geben.

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