Krampf statt Kampf: Kampfjet-Initiative erhitzt die Gemüter
Der Nationalrat will das Armeebudget aufstocken. Parallel sammeln Armeegegner Unterschriften gegen Kampfjets. Die Stimmung im Land erschwert dies offenbar.
Das Wichtigste in Kürze
- Rund 90'000 Unterschriften haben die Kampfjet-Gegner seit August gesammelt.
- Diese laufe gut, behauptet die GSoA. Wirklich präsent ist die Initiative aber nicht.
Die Schweizer Armee und Verteidigungsministerin Viola Amherd dürfen jubeln. Der Nationalrat will das Budget für die Truppen auf ein Prozent des Brutto-Inland-Produkts erhöhen. Die Aufstockung auf rund sieben Milliarden Franken ist damit so gut wie sicher.
Der Vorstoss und der Entscheid sind direkte Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine. Auf dem ganzen Kontinent ist eine verstärkte Landesverteidigung im Trend, seit in Europa wieder Krieg herrscht. Dennoch sammeln SP, Grüne und die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) Unterschriften gegen neue Kampfjets.
Bürgerliche und selbst Amherd persönlich baten die Armee-Gegner, die Unterschriftensammlung abzubrechen. Die sicherheitspolitische Lage habe sich nun mal geändert. Die Linken erteilten dieser Bitte eine Absage – trotz katastrophalen Umfragen.
Kampfjet-Initiative: Drücken Linke aufs Bremspedal?
Dennoch scheint das Unterfangen im Moment mehr ein Krampf als ein Kampf zu sein. So war die SP etwa am 1. Mai oder an der BEA in Bern präsent. Werbung war aber für das Kampfjet-Anliegen kaum zu sehen. Auch auf der Homepage ist der Kampfjet eine Randnotiz.
Ist das Klima schlecht dafür oder will man die Abstimmung verzögern? Schliesslich sind seit August bereits 90'000 Unterschriften zusammengekommen. Allerdings ist das kein Vergleich zur Anti-F/A-18-Initiative. Damals sammelte allein die GsoA in einem Monat 500'000 Unterschriften – ein Rekord!
SP-Sicherheitspolitikerin Priska Seiler Graf verweist auf Anfrage an die GSoA. Deren Sekretärin Anja Gada sagt: «Unsere Unterschriftensammlung läuft weiterhin gut.» Man gehe davon aus, dass die Abstimmung vor Unterzeichnung des Kaufvertrags der Ami-Jets stattfinden könne.
Noch sei aber unklar, wann die Initiative eingereicht werde. Realistisch sei, dass die Abstimmung am 12. März 2023 über die Bühne gehe. Ziel sei nicht, den parlamentarischen Prozess zu verlangsamen, «sondern parallel zur Besprechung der Armeebotschaft die Initiative zu beraten.»
GSoA kritisiert «Ausschlachtung» des Ukraine-Kriegs
Die GSoA sei «erschüttert» über den Krieg in der Ukraine. Dennoch sei es «unglaublich beschämend», wie die Bürgerlichen diesen innenpolitisch «ausschlachten» würden und versuchen, die Initiative unter Druck zu setzen.
Das Anliegen werde nicht zurückgezogen. Denn, so Gada: «36 Tarnkappenbomber des Typs F-35 garantieren nichts ausser einer Scheinsicherheit, riesigen Kostenexplosionen und einer Annäherung an die NATO.»
Um sicher zu sein, sammle man bis mindestens 110'000 Unterschriften, da immer einige Ungültige darunter seien. Viele Aktivistinnen und Aktivisten seien motiviert dazu. «Im Moment läuft es sehr gut», versichert Gada.
F35-Kampfjets: Bundesrat muss Vertrag noch unterschreiben
Sicher ist: Die Offerten des Kampfjet-Herstellers Lockheed Martin gelten nur bis März 2023. Die Bürgerlichen versuchen Druck zu machen für eine deutlich frühere Unterzeichnung des Kaufvertrags. Was die Linken als demokratie-feindlich ansehen, ist für SVP, FDP & Co. eine Selbstverständlichkeit.
Schliesslich habe das Stimmvolk der Beschaffung neuer Kampfjets zugestimmt – im Wissen darum, dass nicht die Bevölkerung über die Typenwahl entscheidet. So oder so dürfte die Situation am Schweizer Himmel in den nächsten Monaten noch einiges zu reden geben.