Lohnerhöhungen: Arbeitgeber und SGB sehen Lage «diametral anders»
Die wirtschaftliche Lage lasse fünf Prozent Lohnerhöhung zu, sagen die Gewerkschaften. Solches gefährde die Existenz der Unternehmen, warnen die Arbeitgeber.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweizer Gewerkschaften fordern für diesen Lohnherbst fünf Prozent Lohnerhöhung.
- Der Arbeitgeberverband sagt, dieser Forderung können die Betriebe nicht nachkommen.
- Die beiden Verbände scheinen sowieso eine andere Sicht auf die Wirtschaftslage zu haben.
Fünf Prozent Lohnerhöhung brauchen Schweizer Angestellte laut dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund. «Wegen Teuerung, Lohnrückstand und guter Konjunktur», begründen sie ihre Offensive. Die Produktivität sei gewachsen, die Löhne aber nicht, was im Angesicht der hohen Lebenshaltungskosten inakzeptabel sei.
Der Arbeitgeberverband lässt nicht lange auf sich warten und liefert eine Replik. Für die Unternehmen wäre eine solche Forderung nicht erfüllbar, sagt Chefökonom Simon Wey zu Nau.ch: «Die Produktivitätsentwicklung sehen Arbeitgeberverband und Gewerkschaftsbund diametral anders. Gemäss dem Arbeitgeberverband gibt es keinen Nachholbedarf bei den Löhnen mit Bezug auf die Produktivität.»
Arbeitgeber: Existenz der Unternehmen gefährdet
«Lohnerhöhungen von fünf Prozent würden die Margen in den Betrieben schlicht nicht zulassen», so Wey weiter. Mittelfristig müssten sie bei Forschung und Entwicklung oder Investitionen in die Infrastruktur Geld sparen, was ihre Konkurrenzfähigkeit schaden würde. Längerfristig käme es möglicherweise schlimmer: «Es könnte die Existenz der Unternehmen gefährden.»
Eine Preiserhöhung hält Wey auch nicht für eine gute Strategie. «Wenn der Markt spielt, überlegt sich jedes Unternehmen zweimal, seine Produkte teurer zu machen. Sonst würden sie an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber ihrer Konkurrenz einbüssen.»
Sind die Löhne gestiegen oder gesunken?
So oder so sind sich die entgegengesetzten Lager uneins, was die Löhne betrifft. Die Gewerkschaften sagen, die Löhne seien verglichen mit 2020 «fast drei Prozent tiefer». Zudem seien Mieten, Preise und Krankenkassenprämien stark gestiegen.
Die Arbeitgeber hingegen rechnen, dass die Löhne mit Einbezug der Teuerung gewachsen seien. Und gegen hohe Krankenkassenprämien könnten Arbeitgeber nichts machen.
Die Wirtschaftslage, die Konjunktur, ist laut Gewerkschaftsbund momentan gut, womit der Arbeitgeberverband einverstanden ist. Der Arbeitgeberverband bleibt jedoch mit Blick auf das Barometer der Konjunkturforschungsstelle KOF vorsichtig. «Das Barometer entwickelte sich jüngst rückläufig», warnt Chefökonom Wey. «Es gibt klare Anzeichen für eine konjunkturelle Abkühlung.»