Medienpaket des Bundesrats: Kuckucksei oder Brücke?
Die Medienbranche befindet sich in einer Krise. Nun will der Bundesrat mit Steuergeldern nachhelfen. Wie das aussehen soll, sorgt für Unstimmigkeiten.
Das Wichtigste in Kürze
- Die wirtschaftliche Situation der Medien verschlechtere sich zunehmend, so der Bundesrat.
- Deswegen soll ein Hilfepaket her, dessen Details im Parlament ausgehandelt werden.
- Ob Online-Medien auch geholfen werden soll, ist ein Streitpunkt.
Den Medien in der Schweiz geht es nicht gut. Der Sinkflug bei den Werbeeinnahmen wurde durch die Coronakrise nur noch beschleunigt. Das führt zu Sparmassnahmen, was wiederum zu Stellenabbau führt.
Das Medienhaus TX Group gab ein Minus von rund 18 Prozent in seinem Umsatz an; und die Werbeeinnahmen von SRF brechen seit sieben Jahren jährlich ein. Doch das sind nur zwei Beispiele aus der Medienlandschaft.
Ende April hat der Bundesrat deswegen ein Gesamtpaket zur finanziellen Unterstützung der Medien vorgeschlagen. Doch die Vorlage spaltet die Branche. Für den Verband Schweizer Medien VSM würde das Paket den Medien als Brücke dienen. Peter Wanner dagegen, Eigentümer des Verlags CH Media und Mitglied im VSM, bezeichnete es als ein Kuckucksei.
Bundesrat wollte «rasch» helfen, der Nationalrat bremst
Die vorgeschlagenen Massnahmen seien rasch umsetzbar, so der Bundesrat, und sollten in drei Schwerpunkten Hilfe leisten. Die indirekte Presseförderung würde von 30 auf 50 Millionen Franken erhöht sowie die Hilfsmassnahmen für Radio und TV ausgebaut. Und last but not least würde ein Bundesgesetz zur Förderung von Online-Medien geschaffen.
Im Ständerat wurde das Medienpaket zum Teil gutgeheissen. Für ein qualifiziertes Mehr fehlten im Juni zwei Stimmen, der Ausgang ist also noch offen.
In der zuständigen Kommission des Nationalrats kritisierten bürgerliche Stimmen, allen voran Christian Wasserfallen (FDP/BE), die Vorlage. Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) beantragte mit dreizehn zu zwölf Stimmen, die Vorlage aufzuteilen: Die Förderung der Print-Medien soll in der Herbstsession behandelt werden. Das neue Gesetz zugunsten der Online-Medien soll zuerst innerhalb der Kommission vertiefter diskutiert werden.
Das #Mediengesetz wurde aufgeteilt um unbestrittene Teile (indirekte Presseförderung, Radio/TV Gesetz) zügig zu beschliessen.
— Christian Wasserfallen (@cwasi) August 25, 2020
Neues online Medienförderungsgesetz ist nicht reif und muss gründlich überarbeitet werden. #Medienpaket würde sonst gebremst und droht ganz abzustürzen. pic.twitter.com/nP2ltokAD7
Der Grund: Online-Medien hätten sich bisher ohne Staatsgelder sehr gut durchgeschlagen, so Wasserfallen im «Tagesanzeiger». Sie bräuchten die finanzielle Unterstützung nicht.
Behauptung «komplett falsch»
Der Geschäftsführer des Verbands Schweizer Medien, Andreas Häuptli, widerspricht Wasserfallen. «Die Behauptung ist komplett falsch. Keine Ahnung woher Nationalrat Wasserfallen diese hat. Von einem Branchenexperten kann sie nicht sein», schreibt er in einem Newsletter.
Laut Häuptli gibt es heute noch kein Digital-Only-Geschäftsmodell, welches Service-Public-Journalismus gewährleisten könnte. Die Vorlage sieht staatliche Unterstützung ausschliesslich für digitale Bezahlmedien, also solche mit Paywalls oder einer Abo-Pflicht, vor.
«Heute werden die Redaktionen noch immer grossmehrheitlich aus Print-Erträgen finanziert», fährt Häuptli fort. Darum brauche es das Gesamtpaket als Brücke in der Transformationsphase von Print auf Online.
CH Media-Chef stellt sich auf Wasserfallens Seite
Für Peter Wanner ist das Medienpaket ein Kuckucksei. Das schrieb er in einer Meinungs-Kolumne im «Badener Tagblatt». Laut ihm sei die Förderung der Online-Medien, wie sie vom Bundesrat vorgesehen ist, noch nicht genug durchdacht. «Zu viele Fragezeichen und Ungereimtheiten türmen sich hier auf», so Wanner.
Die Vorlage würde «etablierte» Medien, wie Wanner beispielsweise den «Tagesanzeiger» oder die «Aargauer Zeitung» nennt, benachteiligen. Die indirekte Presseförderung würde den grossen Verlagshäusern wenig helfen. «Es braucht wohl mehr Zeit, mehr Diskussionen und mehr Erfahrung», schreibt Wanner zum Abschluss.
Anm. der Redaktion: Nau.ch ist ein werbefinanziertes Online-Medium und erhält keine staatliche finanzielle Unterstützung.