Mitte-Links gegen Militäreinsatz beim Impfprogramm
Die FDP fordert den Einsatz der Armee beim Covid-Impfprogramm. Mitte-Links sieht darin keinen Mehrwert – im Gegenteil.
Das Wichtigste in Kürze
- Die FDP fordert den Einsatz der Armee beim Impfprogramm gegen das Coronavirus.
- Armee-Befürworter wie -Kritiker halten wenig von dieser Idee.
- Zudem bestehe das Risiko, dass Skeptiker erst recht staatlichen Impfzwang witterten.
Die ersten Risikopatienten und Promis sind geimpft, aber vielen geht es zu wenig schnell. Der Bundesrat und das BAG müssen Kritik einstecken, vertrösten ihrerseits auf später im Jahr, wenn mehr Impfdosen zur Verfügung stehen. Die FDP fordert deshalb nun den Einsatz der Armee: Soldaten sollen den Kantonen unter anderem helfen, Impfdosen zu verabreichen. Doch das sorgt bei Armee-Freunden und -Kritikern für Kopfschütteln.
«Dazu braucht es nicht die Armee»
Oberst und Mitte-Nationalrat Lorenz Hess warnt gar davor, gleich nach der Armee zu rufen. «Die Armee ist nicht einfach ein Selbstbedienungsladen, bei dem man sich beliebig bedienen kann, wenn immer dem Staat eine neue, etwas komplexe Herausforderung bevorsteht!»
Insbesondere passe die Lösung hier nicht auf das Problem: «Das Problem – wenn überhaupt – ist die Verfügbarkeit.» Also die Anzahl Dosen, die Kontingentierung, der Zeitplan und so weiter. «Dazu braucht es nicht die Armee.»
Komme dazu, dass dies ein taktisch ungeschicktes Manöver sein könnte: Weil linke Armeekritiker daran auch noch Freude hätten. «Weil man wieder einmal sehen könnte, ‹wofür man die Armee wirklich brauchen kann›, anstelle einer sinnlosen Luftwaffe», warnt Hess.
Kein Personal-Problem
SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf wäre sonst immer zu haben für «sinnvolle Einsätze» der Armee, aber nicht hier. «Die Impfung der Bevölkerung ist eine zivile Aufgabe. Ich bin mir auch nicht sicher, ob mangelndes Personal bei der Impfung tatsächlich das Problem ist.» Ähnlich wie Seiler Graf und Hess argumentiert auch Grünen-Präsident Balthasar Glättli.
Er erinnert daran, dass die Armee ja bereits im Einsatz ist, einfach im Hintergrund – was er begrüsst. «Die Armee soll wie bisher den Impfstoff transportierten, lagern und schützen. Aber heute ist das Problem ja nicht, dass die Schweiz tonnenweise Impfstoff, aber zu wenig Gesundheitspersonal hat, um diesen zu spritzen. Sondern dass der Impfstoff fehlt.»
Seiler Graf würde wenn schon den (kantonal organisierten) Zivilschutz aufbieten zur Impf-Unterstützung: «Dies gehört zu seiner Kernaufgabe. Eventuell könnte man aber auch in Betracht ziehen, auch Zivildienstleistende beizuziehen.» Erst wenn das nicht mehr reiche, komme die Armee überhaupt in Betracht, «aber eine Mobilisierung auf Vorrat ist nicht zielführend».
Steilvorlage für Skeptiker?
Eine breite Abfuhr also für den Ruf der FDP nach der Armee, obwohl sie damit keineswegs allein dasteht. Auch Grünliberalen-Gründer Martin Bäumle fordert eine «generalstabsmässige» Planung inklusive Impfzentren in Kasernen. Für Mitte-Nationalrat Lorenz Hess birgt solches aber ein weiteres Risiko: «Der Armeeeinsatz wäre ein gefundenes Fressen für Skeptiker, Verschwörer und Massnahmenverweigerer.»
Hess sieht bereits die entsprechenden Social-Media-Beiträge vor dem geistigen Auge: «Bundesrat setzt Soldaten mit Spritzen gegen Bürgerinnen und Bürger ein!» Thesen von «Impfzwang», von staatlicher Gewalt gegen die Grundrechte erhielte durch den Einsatz uniformierter Bürger wieder Auftrieb.
Doch auch hier widerspricht SPlerin Seiler Graf ihrem Nationalrats-Kollegen: Schliesslich seien auch Zivilschützer uniformiert. Abgesehen davon: «Verschwörungstheoretiker und Impfskeptiker werden immer ihre Argumente finden dagegen, ob mit oder ohne Uniform.»