Künftig soll auch die Diskriminierung von LGBTI-Menschen strafbar gemacht werden. Die Lücken im strafrechtlichen Schutz sollen geschlossen werden.
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Zwei Frauen küssen sich unter einer Regebogenflagge (Symbolbild). - epa

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Anti-Rassismus-Strafnorm soll erweitert werden durch sexuelle Diskriminierung.
  • Auch Diskriminierung wegen Geschlechtsidentität soll künftig unter Strafe stehen.
  • Die entsprechende Vorlage geht nun an den Ständerat.
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Der Nationalrat will die Anti-Rassismus-Strafnorm erweitern und sexuelle Diskriminierung und auch Diskriminierung wegen Geschlechtsidentität unter Strafe stellen. Beim Schutz von LGBTI-Menschen geht er weiter als der Bundesrat.

Die grosse Kammer behandelte am Dienstag gegen den Willen der SVP und vereinzelter FDP-Vertreter einen Gesetzesentwurf, zu dem Mathias Reynard (SP/VS) 2013 mit einer parlamentarischen Initiative Anstoss gegeben hatte. Mit 115 zu 60 Stimmen trat der Rat am Dienstag auf die Vorlage ein.

Reynard hatte vorgeschlagen, den Artikel im Strafgesetzbuch, der die Rassendiskriminierung unter Strafe stellt, um Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung zu ergänzen. Damit sollen homo- und bisexuelle Personen vor Diskriminierung geschützt werden.

Diskussion um Geschlechtsidentität

Die Mehrheit der Rechtskommission beschloss danach aber, neben der sexuellen Orientierung zusätzlich die Geschlechtsidentität in die Bestimmung aufzunehmen, da auch sie von Diskriminierung betroffen sein könnten. Der Rat folgte ihr und hiess die Vorlage mit 118 gegen 60 Stimmen bei 5 Enthaltungen gut. Nun ist der Ständerat am Zug.

Sprecher Beat Flach (GLP/AG) sagte zu der Ergänzung, Geschlechtsidentität betreffe in der Schweiz etwa 40'000 Menschen und habe nichts mit Sexualität zu tun. Transgeschlechtlichkeit und Intersexualität seien eine Realität in der heutigen Gesellschaft. «Diese Menschen verdienen unseren Schutz.»

Mehrere Votanten riefen Lücken im strafrechtlichen Schutz in Erinnerung. Isabelle Chevalley (GLP/VD) sprach von Heuchelei. Eine einzelne Person könne sich gegen Diskriminierung wehren, aber eine Gruppe habe diese Möglichkeit nicht. Hass könne sich dank Lücken im Gesetz ausbreiten.

«Kleingeredet»

Initiant Reynard machte geltend, dass die besonders unter jungen Menschen verbreitete Homophobie kleingeredet werde. Mit der Anpassung des Strafgesetzbuches setze das Parlament ein Zeichen, dass Homophobie in der Schweiz nicht toleriert werde. Bernhard Guhl (BDP/AG) setzte hinzu, eine Diskriminierung belaste umso mehr, wenn rechtlich nicht gegen sie vorgegangen werden könne.

Eine bürgerliche Minderheit hätte es wie der Bundesrat bei der sexuellen Orientierung belassen wollen. Geschlechtsidentität sei ein verschwommener Begriff und hänge vom subjektiven Befinden einer einzelnen Person ab, machte Philippe Bauer (FDP/NE) geltend. Würde er aufgenommen, mache dies das Strafrecht unvorhersehbar.

Der Bundesrat erachtete die Ergänzung des Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes nicht als zwingend, unterstützte die Ergänzung der Anti-Rassismus-Strafnorm um die sexuelle Orientierung aber.

Im Schweizerischen Recht sei der Begriff Geschlechtsidentität bisher unbekannt und relativ unbestimmt, sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga am Dienstag. Geschlechtsidentität entspreche einem individuellen und zutiefst intimen Gefühl.

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