Nationalratskommission will kantonale Mindestlöhne übersteuern
Die Nationalratskommission unterstützt eine Gesetzesänderung, die allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge über kantonale Mindestlöhne stellt.

Bestimmungen in allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen sollen künftig Vorrang haben vor kantonalen Mindestlöhnen. Die zuständige Nationalratskommission spricht sich deutlich für eine entsprechende Gesetzesänderung aus – gegen den Willen des Bundesrats.
Trotz heftiger Kritik in der Vernehmlassung und gegen seinen Willen hatte der Bundesrat eine Anpassung des Bundesgesetzes über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (Aveg) verabschiedet, im Auftrag des Parlaments. Mit 16 zu 9 Stimmen unterstützt die Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK-N) nun die Änderung, wie die Parlamentsdienste am Dienstag mitteilten.
Demnach sollen Bestimmungen von Gesamtarbeitsverträgen allgemeinverbindlich erklärt werden können, die niedrigere Mindestlöhne vorsehen als jene, die in den kantonalen Gesetzen festgelegt sind. Heute darf ein GAV dem zwingenden Recht des Bundes und der Kantone nicht widersprechen.
Bedrohung der sozialpartnerschaftlichen Tradition
Die Kommissionsmehrheit sieht in kantonalen Mindestlöhnen, welche die Mindestlöhne in allgemeinverbindlich erklärten GAV übersteuern, einen einseitigen Eingriff, der die sozialpartnerschaftliche Tradition aufs Spiel setzt, wie es in der Mitteilung hiess.
Die Gegner führen neben sozialpolitischen insbesondere auch staatspolitische Argumente gegen das Vorhaben ins Feld. Mindestlöhne seien vom Bundesgericht als verfassungskonforme sozialpolitische Massnahme bestätigt worden. Die meisten seien durch Volksabstimmungen legitimiert, während allgemeinverbindlich erklärte GAV privatrechtliche Vereinbarungen seien.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) kündigte jüngst bereits ein Referendum an für den Fall, dass die Vorlage die parlamentarische Hürde meistern würde.