Parlament packt an Sommersession verschiedene heisse Eisen an
Neben der allgegenwärtigen Corona-Politik bilden insbesondere die AHV-Reform, das Tabakproduktegesetz sowie verschiedene Volksinitiativen die Schwerpunkte.
Das Wichtigste in Kürze
- Im National- und im Ständerat werden vor der Sommerpause die Wogen noch einmal hochgehen.
Die eidgenössischen Räte behandeln an der Sondersession von heute bis zum 18. Juni mehrere brisante Dossiers. Neben der allgegenwärtigen Corona-Politik bilden insbesondere die AHV-Reform, das Tabakproduktegesetz sowie verschiedene Volksinitiativen die Schwerpunkte.
Neben gewichtigen Gesetzesprojekten wird das Parlament gleich über fünf Volksinitiativen debattieren.
Am Mittwoch der ersten Sessionswoche nimmt sich der Nationalrat der Transparenz-Initiative an. Sie verlangt unter anderem, dass Spenden von mehr als 10'000 Franken für eine Partei, einen Wahlkampf oder für Abstimmungskampagnen öffentlich deklariert werden müssen. Heute ist dies anonym möglich.
Ein indirekter Gegenvorschlag soll dafür sorgen, dass das Volksbegehren zurückgezogen wird. Er sieht vor, dass Beiträge an Parteien und Komitees ab einer Höhe von 15'000 Franken künftig offengelegt werden müssen. Der Ständerat dürfte während der Sommersession die letzten Differenzen im Bundesgesetz über die politischen Rechte ausräumen.
Die kleine Kammer wird daneben über vier weitere Volksinitiativen diskutieren. Am Donnerstag der ersten Sessionswoche diskutiert sie über die Initiative gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer (Korrektur-Initiative). Die vorberatende Kommission empfiehlt das Volksbegehren deutlich zur Ablehnung, will aber auch hier den Initianten mit Gesetzesänderungen entgegenkommen.
Zu Beginn der zweiten Sessionswoche debattiert der Ständerat über die Pflegeinitiative. Hier haben sich die Räte bereits auf einen indirekten Gegenvorschlag einigen können. Eine Minderheit der Ständeratskommission empfiehlt die Initiative zur Annahme, weil mit dem Gegenvorschlag nicht alle Forderungen erfüllt würden.
Gleich anschliessend steht die Volksinitiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot» auf der Traktandenliste des Ständerats. Wie der Nationalrat lehnt auch die Ständeratskommission dieses Volksbegehren ohne Opposition ab. Sie stuft das Volksbegehren als viel zu radikal ein, und sie will auch keinen Gegenvorschlag dazu.
Zum Ende der zweiten Sessionswoche kommt schliesslich die Justizinitiative im Ständerat aufs Tapet. Der Vorschlag, die Bundesrichterinnen und Bundesrichter künftig per Los zu bestimmen, stösst teilweise auf Sympathien. Im Nationalrat fanden alternative Verfassungs- oder Gesetzesänderungen nur knapp keine Mehrheit.
Mit Spannung erwartet wird in der zweiten Sessionswoche der Entscheid des Nationalrats zur AHV-Reform. Die zuständige Kommission hat versucht, die Frauen verstärkt mit an Bord zu holen. Als Kompensation für die geplante Erhöhung des Rentenalters von 64 auf 65 Jahre sieht sie grosszügigere Ausgleichsmassnahmen vor als der Ständerat und der Bundesrat. Erwartet wird eine Marathondebatte mit dutzenden Minderheitsanträgen.
Weitere grössere Gesetzesprojekte, die im Nationalrat zu reden geben werden, sind die geplante Aufhebung der Industriezölle (1. Juni), die Harmonisierung der Strafrahmen (2. Juni) sowie der steuerliche Umgang mit Kinderdrittbetreuungskosten (14. Juni). Letzteres Projekt nimmt den unumstrittenen Teil einer an der Urne gescheiterten Vorlage auf. Für die Kinderbetreuung ausserhalb der Familie sollen Eltern statt wie derzeit bis zu 10'100 künftig bis zu 25'000 Franken im Jahr von der direkten Bundessteuer abziehen können.
Im Ständerat sind neben der Behandlung der verschiedenen Volksinitiativen ebenfalls grössere Reformprojekte traktandiert. Zu Beginn der dritten Sessionswoche beugt sich die kleine Kammer erneut über das Tabakproduktegesetz. Die vorberatende Kommission möchte die Vorlage zum indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» erklären. Inhaltlich will sie bei den Werbebeschränkungen weitergehen als der Nationalrat.
Etwas komplexer ist die Vorlage zur Änderung der Zivilprozessordnung, die der Ständerat am Mittwoch der dritten Sessionswoche berät. Damit soll das heutige Recht praxistauglicher gemacht werden. Um die Dauer von Verfahren zu verkürzen, macht die vorberatende Kommission verschiedene Vorschläge. Sie will etwa ausdrücklich festhalten, dass überlange Eingaben für unzulässig erklärt werden können.
Nach mehreren fast monothematischen Sessionen zur Corona-Pandemie rückt das Thema etwas weiter in den Hintergrund. Jedoch werden National- und Ständerat wiederum über verschiedene Aspekte der Corona-Krise debattieren. Zur Sprache kommen etwa die Finanzhilfen für den öffentlichen Verkehr, eine erneute Revision des Covid-19-Gesetzes betreffend Erwerbsersatz und verschiedene Nachtragskredite. Beide Räte werden zudem über die Aufhebung der «besonderen Lage» diskutieren, wie dies die SVP fordert. Sie hat eine ausserordentliche Session zum Thema verlangt.
Parlamentarisch unter Dach und Fach gebracht werden sollen mit den Schlussabstimmungen am 18. Juni weitere gewichtige Gesetzesprojekte. Bis es so weit ist, müssen sich die beiden Kammern bei verschiedenen Details einigen. Es geht etwa um die künftige Medienförderung, elektronische Verfahren im Steuerbereich oder Massnahmen gegen die explodierenden Gesundheitskosten.
Am Mittwoch der dritten Sessionswoche wählt die Vereinigte Bundesversammlung zudem zwei neue Bundesrichter oder Bundesrichterinnen. Gleichentags ist Zeit für eine aktuelle Debatte reserviert. Ob eine solche stattfinden wird, entscheidet sich erst im Laufe der ersten Sessionswoche.