Das Parlament hat entschieden, dass Verbände künftig keine Beschwerde gegen kleinere Wohnbauprojekte führen dürfen.
Verbandsbeschwerderecht
Die zuständige Nationalratskommission will das Verbandsbeschwerderecht bei kleineren Wohnbau-Projekten beschneiden. (Themenbild) - sda - KEYSTONE/YANIK BUERKLI

Gegen kleinere Wohnbauprojekte im Baugebiet dürfen Verbände künftig nicht mehr Beschwerde führen. Das hat das Parlament entschieden. Der Ständerat hat deutlich Ja gesagt zu einer umstrittenen Beschneidung des Verbandsbeschwerderechts. Details sind aber noch umstritten.

Mit 30 zu 14 Stimmen hiess der Ständerat die Vorlage aus dem Nationalrat am Montag gut. In den Augen der Mehrheit der Umwelt- und Raumplanungskommission handelt es sich um eine moderate Einschränkung des Beschwerderechts. Beschlossen ist damit, dass Verbandsbeschwerden gemäss Natur- und Heimatschutzgesetz für Wohnbau-Projekte grundsätzlich nicht mehr möglich sind, wenn die Geschossfläche unter 400 Quadratmeter beträgt und das Projekt in einer Bauzone liegt.

Heute könnten selbst gegen Kleinstprojekte Beschwerden geführt werden, sagte Beat Rieder (Mitte/VS), Präsident der Kommission für Umwelt und Raumplanung (Urek-S). Das solle beim Bau eines Einfamilienhauses künftig nicht mehr möglich sein.

Auswirkungen auf Einfamilienhaus-Bauherren

Fabio Regazzi (Mitte/TI) sagte, die Vorlage wirke dem Machtgefälle zwischen Einfamilienhaus-Bauherren und nationalen Verbänden entgegen. Beschwerden verzögerten zudem Verdichtungen und den Bau von neuen Wohnungen.

Simon Stocker (SP/SH) hielt namens der Minderheit dagegen, die Vorlage treffe die Falschen. In vielen Fällen steckten Nachbarinnen und Nachbarn hinter Einsprachen gegen kleine Bauvorhaben. Verbandsbeschwerden seien bereits strikte geregelt.

Heidi Z'graggen (Mitte/UR) warnte vor neuen Schlupflöchern für Unerwünschtes. Das geltende Recht habe sich im Sinn der Prävention von möglichen Verstössen bewährt. Die Einschränkung dürfte nur wenig Auswirkung auf die Zahl der angefochtenen Bauvorhaben haben.

Streit um Details

Einzelheiten in der Vorlage waren umstritten. Eine Minderheit verlangte als Obergrenze statt der vom Nationalrat beschlossenen und von der Mehrheit beantragten 400 lediglich 250 Quadratmeter Geschossfläche. Das entspreche der Geschossfläche eines durchschnittlichen Einfamilienhauses, sagte Stocker.

Der Antrag wurde aber klar abgelehnt. Auch der Bundesrat befürwortete die 400 Quadratmeter. Das erlaube ein Einfamilienhaus mit einer Einliegerwohnung, sagte Umweltminister Albert Rösti. Die Ausnahmesituationen, in denen Verbandsbeschwerden auch gegen kleine Vorhaben möglich sind, fasste der Ständerat restriktiver als der Nationalrat.

Verbandsbeschwerden und Gewässerraum

Der Ständerat will Verbandsbeschwerden nur zulassen, wenn innerhalb eines Gebietes eines Ortsbildes von nationaler Bedeutung gebaut werden soll. Der Nationalrat hingegen will die Ausnahme für «bedeutende Ortsbilder». Auch eine rot-grüne Minderheit des Ständerats und der Bundesrat plädierten für diese Version. Sie unterlagen aber deutlich.

Gestrichen hat der Ständerat auch die Möglichkeit für Verbandsbeschwerden im Gewässerraum, also entlang von Bächen beispielsweise, gegen den Willen einer Minderheit und des Bundesrates. Céline Vara (Grüne/NE) warnte vor Bodenversiegelungen in der Nähe von Gewässern.

Bebauungen nahe Wasserläufen

Fachleute rieten von Bebauungen in der Nähe von Wasserläufen ab, betonte sie. Was die Mehrheit wolle, sei «völliger Unsinn» und gefährlich. Das Bauen ist im Gewässerschutzraum nur ausnahmsweise möglich. Der Nationalrat will entlang von Gewässern das Verbandsbeschwerderecht gegen Wohnbauprojekte zulassen.

Gemäss dem Natur- und Heimatschutzgesetz (NHG) haben Organisationen, die sich dem Naturschutz, dem Heimatschutz, der Denkmalpflege oder verwandten Zielen widmen, heute ein Beschwerderecht. Anders als das Umweltschutzgesetz (USG), wo das Beschwerderecht nur bei Grossprojekten gilt, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfordern, kennt das NHG keine Einschränkung. Die Vorlage will eine Angleichung der beiden Gesetze. Die Vorlage geht zurück an den Nationalrat.

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