Personal frustriert: SEM baute Stellen in Bundesasylzentren ab
Trotz angespannter Asylsituation hat das SEM im Sommer radikal Stellen in den Bundesasylzentren abgebaut. Mitarbeiter sind frustriert.
Das Wichtigste in Kürze
- Statt Ukraine wieder Afghanistan: Die Asylsituation bleibt sehr angespannt.
- Trotzdem hat das SEM in den Bundesasylzentrum Dutzende Temporär-Stellen gestrichen.
- Die Betroffenen werfen dem Bund vor, wenig vorausschauend gehandelt zu haben.
Eine Situation wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr: Die Flüchtlingszahlen der letzten Monate seien derart hoch, dass Sofortmassnahmen ergriffen würden, sagte das Staatsekretariat für Migration (SEM) diese Woche. «Die Krisen überlappen sich», erklärte Staatssekretärin Christine Schraner Burgener.
Der Ansturm aus der Ukraine liess zwar im Sommer deutlich nach. Dafür stiegen im August die Zahlen der Asylsuchenden aus der Türkei, Nordafrika oder Afghanistan an. Umso erstaunlicher scheint es darum, dass das SEM im August Dutzende Angestellte in den Bundesasylzentren entliess.
60 Stellen weniger: Unmut bei Temporär-Angestellten
Der Ukraine-Krieg und der erstmals aktivierte Schutzstatus S machten beim SEM Sonderefforts nötig. «Das SEM hatte zwischenzeitlich rund 130 Temporärkräfte im Dienst, vor allem im administrativen Bereich», sagt SEM-Sprecher Samuel Wyss. «Davon konnten per Ende August rund 60 ihren Dienst wieder beenden.» Das SEM passe seine Planung der Situation an und könne flexibel und zeitnah reagieren.
Was aus Gründen der Effizienz und des Budgets sinnvoll tönt, sorgt für Unmut bei den Betroffenen in den Bundesasylzentren. Wie zum Beispiel demjenigen in Bern, das im ehemaligen Ziegler-Spital einquartiert ist.
Dort verschaffen insbesondere Temporär-Mitarbeitern gegenüber Nau.ch ihrem Ärger Luft. Besonders sauer aufgestossen ist offenbar, dass noch im Frühling kommuniziert wurde, die Stellen seien «voraussichtlich» bis Ende Jahr gesichert.
6 gekündigt – 3 neu eingestellt
Kritisiert wird auch, dass die Entwicklung der Flüchtlingszahlen keineswegs überraschend gewesen sei. Im August sei absehbar gewesen, dass die Balkanroute wieder an Attraktivität gewinne. Trotzdem habe man in einer knappen Mail den Abbau von sechs Temporärstellen verkündet. Wenige Wochen später habe man dann wieder drei neue Mitarbeitende eingestellt, die neu eingearbeitet werden mussten.
«Reduktionen oder Aufstockungen sind bei Temporärpersonal relativ schnell und flexibel möglich», betont dagegen SEM-Sprecher Wyss. «Nicht zuletzt, weil auch die administrativen Aufgaben beim S-Status rasch erlernt werden können.»
Wyss räumt aber ein, dass bei den vom SEM beauftragten Dienstleistern die Situation eine andere sei. Der aktuelle Fachkräftemangel bereite vor allem im Betreuungsbereich bei der Rekrutierung weiterer geeigneter Mitarbeitender Schwierigkeiten. «Zum Teil können die vorgesehenen Betreuungsschlüssel vorübergehend nicht überall vollständig eingehalten werden.»
Temporäre fühlen sich unfair behandelt
Genau solche Umstände wurmen aber Temporär-Mitarbeiter: Niemand will gerne Manövriermasse sein, wenn der Eindruck entsteht, Manöver seien gar nicht zwingend. Dass aus Budget-Gründen Stellen abgebaut werden mussten, mag man im Bundesasylzentrum Bern nicht so recht glauben.
Angeblich hätten sich bei der Abteilung Fachpersonal die Vorgesetzten für ihre Mitarbeitenden gewehrt. Offenbar erfolgreich, denn abgebaut wurde nur bei denjenigen, die für die «Registrierung Ukraineverfahren» zuständig waren. Deshalb sei wohl die Begründung «Budget» nur vorgeschoben.