R-Wert steigt in den letzten Tagen rapide an
Der R-Wert muss aufgrund der neusten Daten deutlich korrigiert werden. Er liegt nun für Mitte Juni jenseits aller Schätzungen der Vorwoche.
Das Wichtigste in Kürze
- Der R-Wert steigt stark an und streift den orangen Bereich ab 0,80.
- Die vormaligen Schätzungen für Mitte Juni müssen äusserst stark korrigiert werden.
- Augrund der niedrigeren Fallzahlen waren starke Ausschläge beim R-Wert zu erwarten.
Der R-Wert ist seit einigen Wochen aus den Schlagzeilen verschwunden. Er war auf ein Niveau abgesunken, das keinen Anlass mehr gab zur Sorge. Auch die Fallzahlen widerspiegelten die deutliche Entspannung der Lage rund um das Coronavirus. So konnte der Bundesrat einen weitaus grösseren Öffnungsschritt verkünden, als er eigentlich geplant hatte.
Doch erneut müssen die Forscher rund um ETH-Professorin Tanja Stadler den R-Wert stark korrigieren. Auch bereits einmal berechnete, beziehungsweise geschätzte, Werte werden aufgrund der neusten Daten neu bestimmt. So ergibt sich dieses Mal statt einem weiteren Absinken ein starker Anstieg auf 0,76. So stark, dass der R-Wert gar für die Vorwoche ausserhalb der statistischen Unschärfe liegt.
R-Wert ausserhalb aller Vermutungen
Wie deutlich die Korrektur ausfällt, erkennt man, wenn man die beiden zuletzt berechneten Kurven und deren Unschärfe übereinanderlegt. Der graue Bereich, in welchem der «wahre» R-Wert mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit liegt, überlappt am 18. Juni nur noch knapp.
Zuvor war der wahrscheinlichste Wert mit 0,54 angegeben worden, mit möglicher Abweichung bis 0,40 und bis 0,69. Heute nun lautet der wahrscheinlichste Wert für den gleichen Tag 0,79, oder zumindest im Bereich von 0,69 bis 0,89. Die Bandbreite des R-Werts hat sich quasi um ein ganzes Stockwerk verschoben.
Dass der R-Wert in dieser Phase starken Schwankungen unterworfen sein könnte, war zu vermuten. Mit den immer kleineren Fallzahlen können kleine Unterschiede grosse Auswirkungen nach sich ziehen. So wird es schwieriger für die Forscher, den R-Wert zu schätzen. Nur: Diese Unsicherheit ist offenbar nicht in der offiziellen Darstellung abgebildet, denn der Streubereich ist ähnlich gross wie seit Monaten.
Kommt die Pandemie zurück?
Der R-Wert kann im Falle des Coronavirus naturgemäss immer erst retrospektiv ermittelt werden. Die neusten Schätzungen liegen immer bereits zehn Tage in der Vergangenheit fallweise lassen sich trotzdem Trends erkennen. Ein R-Wert von über 1 bedeutet, dass eine angesteckte Person mehr als eine weitere Person ansteckt. Somit müssten dann die Fallzahlen ansteigen.
Jetzt schon Alarm zu schlagen wäre trotz starker Korrektur und trotz steilen Anstiegs aber sicher verfrüht. In einer Woche könnte gerade so gut wieder eine Korrektur in die andere Richtung erfolgen. Allerdings bewegen sich die neusten Ausschläge bereits nahe am orangen Bereich, wo erhöhte Vorsicht geboten wäre. Da weiterhin vergleichsweise wenige Fälle registriert werden, werden zufällige Schwankungen wohl weiterhin zu eher ungenauen Schätzungen des R-Werts führen.