Räte wollen eine Anti-Sexismus-Strafnorm einführen
Das Parlament will Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts unter Strafe stellen.
Das Parlament will Aufrufe zu Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts unter Strafe stellen. Der Ständerat hat sich mit sechs gleich lautenden parlamentarischen Initiativen mit diesem Anliegen einverstanden erklärt, auf Antrag einer Minderheit.
Die kleine Kammer fällte ihren Entscheid am Mittwoch mit 21 zu 18 Stimmen und mit zwei Enthaltungen. Sie folgte damit dem Antrag einer Minderheit ihrer Kommission für Rechtsfragen (RK-S). Die Rechtskommission des Nationalrates (RK-N) kann nun einen Gesetzesentwurf ausarbeiten.
Der Nationalrat hatte die sechs Initiativen aus den Reihen von SP, Grünen, GLP, Mitte, FDP und EVP vor einem Jahr unterstützt. Konkret befürwortete er eine Ergänzung von Artikel 261bis des Strafgesetzbuches, der sogenannten Anti-Rassismus-Strafnorm, mit dem Wort «Geschlecht». Verstösse dagegen sollen mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet werden.
Gleichstellung im Visier der Politik
Nach heutiger Rechtslage erfasst die Strafnorm Aufrufe zu Hass und Diskriminierung gegen Menschen aufgrund ihrer Rasse, Ethnie, Religion oder sexuellen Orientierung.
Im Ständerat setzte sich die Minderheit durch, die es halten wollte wie der Nationalrat. Aufrufe zu Gewalt und Hass aus Gründen des Geschlechts sollten ebenso wenig toleriert werden wie rassistische, antisemitische oder homophobe Gewaltaufrufe. Bei der Anwendung der Anti-Rassismus-Strafnorm seien die Gerichte zurückhaltend.
Minderheitssprecherin Mathilde Crevoisier Crelier (SP/JU) erinnerte an ein an einem Fussballspiel gezeigtes Banner mit der Aufschrift «Winti Frauen figge und verhaue». Die Urheber des Aufrufs seien vor Gericht freigesprochen worden. «Gewalt entsteht aus Worten», doppelte Marianne Binder (Mitte/AG) nach.
Überlastung des Justizsystems befürchtet
Werde eine Gesetzesvorlage ausgearbeitet, könne definiert werden, was genau mit dem Begriff «Geschlecht» gemeint sei, sagte Binder. «Ein Aufruf zu Frauenhass und Frauenfeindlichkeit ist keine Meinung und muss unter Strafe gestellt werden», sagte Maya Graf (Grüne/BL).
Die unterlegene Mehrheit anerkannte zwar, dass ein Problem bestehe, befürchtete aber gleichzeitig eine Überlastung des Justizsystems, aufgrund derer schwerere Fälle nicht beurteilt werden könnten. Zudem kritisierte sie, der Begriff des Geschlechts sei nicht klar genug definiert. Auch sei die Meinungsäusserungsfreiheit in Gefahr.
«Ob zum Beispiel ein frauen- oder männerfeindlicher Witz nun strafbar ist oder nicht, lässt sich schwer beantworten», sagte Beat Rieder (Mitte/VS) dazu. Das Strafrecht diene nicht dazu, den Menschen Anstand und Moral beizubringen.