Rolle der Frauen in Corona-Krise: Hickhack statt Würdigung
Die von Linken verlangte «aktuelle Debatte» im Nationalrat zur Gleichstellung in der Corona-Krise wurde äusserst emotional geführt.
Das Wichtigste in Kürze
- In einer «aktuelle Debatte» diskutierte der Nationalrat die Rolle der Frauen in der Krise.
- Linke forderten, Lehren für die Gleichstellung zu ziehen.
- Bürgerliche hielten enerviert dagegen und warnten vor einem «Pseudo-Geschlechterkampf».
«Vor einem Jahr ging eine violette Welle durch die Schweiz», sagte Nationalratspräsidentin Isabelle Moret (FDP) einleitend. Als eine der wenigen bürgerlichen Politikerinnen hatte Moret selbst am Frauenstreik 2019 teilgenommen. Nun hatte die Ratslinke eine «aktuelle Debatte» traktandieren lassen, um die Lehren für die Gleichstellung aus der Corona-Krise zu ziehen. Viele FDP- und SVP-Vertreter empfanden alleine dies schon als Provokation.
Frauenarbeit in der Krise
«Während der Krise sind die Männer medial und in der Öffentlichkeit sehr präsent gewesen», sagte Grünen-Nationalrätin Irène Kälin. «Es ist das Bild vermittelt worden, dass sie uns gerettet haben.» Dabei seien es die Frauen in den systemrelevanten Berufen gewesen, an den Kassen und zwischen den Regalen und in Kindertagesstätten, die die Schweiz durch die Krise getragen hätten.
Das sei eine «unglaubliche Leistung» gewesen und habe gezeigt, dass die Gleichstellung noch lange nicht dort sei, wo sie sein sollte, schloss Kälin daraus. «Ich fordere daher eine Aufwertung der systemrelevanten Berufe.»
Ihr wurde von SVP- und FDP-Vertretern vorgeworfen, dass ihrer Ansicht nach Männer offenbar nicht systemrelevant seien oder in systemrelevanten Berufen nur Frauen arbeiteten, was Kälin verneinte. Aber man müsse jetzt einmal eine Stunde die Frauen in das Zentrum stellen.
«Habe Männer-Bashing satt»
Das passte Mitgliedern von SVP und FDP nicht, sie sahen darin einen Angriff auf die Männer. «Mir hängt das Männer-Bashing in diesem Saal zum Hals heraus», sagte FDPler Hans-Peter Portmann ganz direkt. Dieser «Pseudo-Geschlechterkampf» sei gefährlich, pflichtete ihm SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr bei.
Streckenweise drohte die Debatte, sich in Nebengeleisen zu verlaufen. So kritisierte SVP-Nationalrat Andreas Glarner, als Gründer der Firma Careproducts AG ein Experte auf dem Gebiet, den Englisch-Akzent von SPlerin Tamara Funiciello. Und auf eine entsprechende Frage bestätigte Irène Kälin, dass das Parlament wohl systemrelevant, aber nicht am systemrelevantesten sei. Beides hatte jedoch nichts mit dem eigentlichen Thema der Debatte zu tun.
Mehr als nur Applaus – aber Applaus muss sein
Philipp Kutter von der CVP versuchte, die Wogen zu glätten. «Die Corona-Krise hat viele Gesichter, wir brauchen Frauen und Männer, um sie zu bewältigen.» Die Krise habe gezeigt, dass Job-Sharing, Teilzeitarbeit und Homeoffice sowie eine kostengünstige Kinderbetreuung gefördert werden müssten.
Immer wieder wurde betont, es brauche für die geleisteten Extra-Efforts mehr als nur Applaus. Der die Sitzung leitende Vizepräsident Andreas Aebi (SVP) kam aber nicht umhin, genau solchen einmal mehr einzufordern. So erhielt die «Desinfizierungs-Heldin» Ana Steko vom Bundeshaus-Reinigungsteam einen Spontan-Applaus. Auch von links.