Seenotretter kritisiert Schweizer Haltung zu Mittelmeer-Flüchtlingen
Der Chef der Seenotretter-Organisation «Sea-Eye» hat das Bundeshaus besucht. Nau hat mit ihm über Motivation, Kritik und Wünsche geredet.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Chef der Seenotretter «Sea-Eye» hat das Bundeshaus besucht.
- Er übt Kritik an den Schweizer Behörden.
Die Flüchtlinge, die via Mittelmeer nach Europa zu gelangen versuchen, haben den ganzen Sommer über für Schlagzeilen gesorgt. Kapitänin Carola Rackete und ihr Schiff «Sea-Watch 3» sind dabei nur das prominenteste Beispiel. Der Vorsitzende der Seenotretter-Organisation «Sea-Eye», Gorden Isler, war heute im Bundeshaus eingeladen. Er kontert die Kritik am Vorgehen der Seenotretter, erzählt aus seinem eigenen Werdegang und übt umgekehrt Kritik an den Schweizer Behörden.
Schöne und schlimme Momente der Seenotrettung
Im Mittelmeer hat Gorden Isler gleich in seinem ersten Jahr als Seenotretter, 2016, turbulente Zeiten erlebt. «Ich habe Menschen gesehen, die es nicht geschafft haben», erzählt der Deutsche. Seither sei es etwas ruhiger geworden.
Und dann waren da auch schöne Momente. «Wenn Sie ein Kind im Arm haben und den Eltern sagen können, jetzt könnt ihr an Land und seit gerettet.» Mit der Seenotrettung aufzuhören kann sich Isler nicht vorstellen. «Es gibt Menschen die können damit aufhören und abschalten – ich kann das nicht.»
Wunsch und Kritik an die Schweiz
Von der Schweizer Bevölkerung wünscht sich Isler schlicht, dass sie sich mit dem Thema vertieft auseinandersetze. Er ist überzeugt, dass es dann den meisten wie ihm gehe: Dass sie die Notwendigkeit der Seenotrettung sehen.
Die Kritik, dass dadurch nur noch mehr Menschen die Flucht über das Mittelmeer versuchten, kann er nicht nachvollziehen. Schliesslich seien aktuell gerade mal zwei Rettungsschiffe noch unterwegs, die «Alan Kurdi» von Sea-Eye und die «Ocean Viking» von SOS Mediterannée. Unter all den Handelsschiffen seien diese auf Seekarten kaum zu finden.
Die Haltung der Schweiz, dass eine Verteilung der Geretteten auf europäische Länder nicht sinnvoll sei, kann Isler ebenfalls nicht nachvollziehen. «Interessant, dass jemand so einen Satz zustande bringt, es sei nicht sinnvoll, Menschenleben zu retten», sagt Isler. Dass man die Probleme vor Ort lösen müsse, sei völlig richtig. «Das darf aber kein Argument zum Selbstzweck sein, um die Hände in den Schoss zu legen und gar nix zu tun.»