Ständeratspräsident zum Notrecht und den Abläufen in Krisenzeiten

Keystone-SDA
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Bern,

«Demokratie und Rechtsstaat dürfen dem Coronavirus nicht zum Opfer fallen.» Dies sagte der Präsident des Ständerats Hans Stöckli (SP/BE) in einem Interview mit den Tamedia-Zeitungen vom Samstag.

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Ständeratspräsident Hans Stöckli sagte am Samstag in einem Interview, das Parlament habe auch im Ausnahmezustand mehr Macht als der Bundesrat. Er kritisierte die Entscheide des Bundesrats und fordert für nach der Coronakrise eine Beschleunigung der Digitalisierung im Parlament (Archivbild) - sda - KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Parlament sei auch in einer Krise die oberste Gewalt im Bund, erklärte er.

Die Bundesversammlung als oberste Gewalt im Bund dürfe unter keinen Umständen auf die verfassungsmässige Verpflichtung der Oberaufsicht über den Bundesrat und die Bundesversammlung verzichten, betonte Stöckli.

Die Krisenzeit sei jedoch primär die Zeit der Executive. Die Regierung sei besser geeignet, zeitkritische Beschlüsse zu fassen, sagte der Ständeratspräsident weiter. Das Parlament verfüge aber mit dem Artikel 173 der Bundesverfassung über gleiche Notrechtskompetenzen wie der Bundesrat.

«Das Parlament kann die Notverordnungen des Bundesrates ersetzen oder annullieren», sagte Stöckli weiter. «Da die Handlungsfähigkeit des Bundesrates gewahrt bleiben muss, sind wir als Parlament gut beraten, klug ans Werk zu gehen und nur dringende Lücken oder sehr gewichtige Anliegen durch eigenes Notverordnungsrecht zu regeln», mahnte der Politiker.

Das Parlament hat laut Stöckli seit dem Inkrafttreten der neuen Verfassung nur eine Notverordnung erlassen und dies auf Antrag des Bundesrates im Jahre 2011 gegen die Terrororganisation al-Qaida. Der Bundesrat habe hingegen immer wieder Notverordnungen erlassen, etwa beim Swissair-Grounding, bei der UBS-Rettung oder in der Tinner-Affäre. «Doch zum ersten mal seit dem Zweiten Weltkrieg erfassen die Notrechtsbeschlüsse alle gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Bereiche». Dies zeige, wie ernst die Lage sei.

Und die Mai-Session werde erst der Anfang der Krisenbewältigung sein, führte Stöckli weiter aus. Notverordnungen des Bundesrates gelten nämlich nur für sechs Monate und müssten dann durch Erlasse des Parlament abgelöst werden. Die Zeit bis September sei aber schon knapp, um diese Erlasse aufzugleisen.

Bereits am Donnerstag hatte Stöckli vor den Bundeshausmedien gesagt, es bräuchte das Gespräch zwischen den Gewalten und die Entscheidungsträger sollten «am gleichen Strick in die gleiche Richtung ziehen».

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