Steigende Strompreise: Die Schuldigen, die Zukunft
Erneut wird Strom teurer. Woran das liegt, ist klar: Je nachdem, wen man fragt. Ein Kommentar.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Strompreise steigen nächstes Jahr erneut stark an.
- Die Stromkonzerne wissen genau, weshalb.
- Die Parteien auch. Und die anderen Parteien und die ganz anderen Parteien. Ein Kommentar.
Mit bis zu 30 Prozent schlägt die Stromrechnung 2024 auf, je nach Anbieter. Bis gestern hatten die Elektrizitätsversorger Zeit, ihre neuen Preise zu veröffentlichen. Nach dem Preisschock im letzten Jahr folgt für viele Verbraucher also gleich noch ein zweiter. Immerhin geben sich einzelne Stromproduzenten zuversichtlich, dass nun wohl ein Höhepunkt erreicht sei.
Strompreis: Die Fragen
Und immerhin gibt es auch einzelne Gemeinden oder Regionen, wo der Aufschlag nur minim ausfällt oder der Preis pro Kilowattstunde sogar sinkt. Zum Beispiel gerade auch in Ortschaften, die letztes Jahr besonders betroffen waren, mit mehr als hundertprozentiger Verteuerung. Wie schon letztes Jahr reibt man sich als Laie aber die Augen, so sehr man es den Betroffenen gönnen mag: Wie, was, warum, der Strom kostet nicht überall gleich viel?
Ja, so ist der Strommarkt, dabei sind alle Steckdosen gleich spannend und das Leuchtmittel wird nicht heller, wenn man Öko- statt Dreckstrom bestellt. Trotzdem schlagen selbst die grossen Anbieter sehr unterschiedlich viel auf und je nach diesjährigem Strompreis verschiebt sich die Rangliste 2024 entsprechend. Im Wasserschloss Aargau ist der Pfuus viel teurer als in Nidwalden, dabei haben die weder Wasserschlösser noch AKWs in der Nähe. Nicht einmal den radioaktiven Müll konnte man ihnen andrehen.
Wobei die Zahlen mit Vorbehalt zu geniessen sind, denn die meisten Anbieter machen keine sehr konkreten Angaben. Sie bieten stattdessen einen «Strompreisrechner» an, wo man als Erstes die Postleitzahl angeben muss. Richtig: Die Postleitzahl entscheidet, wie viel man für den Strom bezahlt. Was kommt als Nächstes? Die Vignette berechnet sich nach der Quersumme der Autonummer und wer zu den Glücklichen mit einer «079»-Vorwahl gehört, zahlt keine Radio- und TV-Abgabe?
Nein, es gibt doch EIN Stromnetz, EIN Nationalstrassennetz und EINEN Lo und EINEN Leduc, okay, das sind dann zwei, also Ja zur «Halbierungs-Initiative». Die viel wichtigere Frage ist doch aber: Wer hat uns das alles eingebrockt? Also den Strompreis, nicht den penetranten Ohrwurm.
Strompreis: Die Antworten
Nichts einfacher als das, haben sich die Stromproduzenten offenbar gesagt und sagen darum alle fast wörtlich das Gleiche. Der Strompreis schlägt auf wegen dem «Bund», weil dieser «Bund» die Winterreserve verordnet hat. Deshalb gibt es neu den Tarifposten «Stromreseve», der zwar mit 1,2 Rappen pro Kilowattstunde noch gar nichts erklärt, aber die Netznutzung sei schliesslich auch teurer geworden und überhaupt.
Überhaupt erklärt das gar nichts, denn die Winterreserve ist ja maximal ein Symptom und keine Ursache. Deshalb ist die Politik gefragt, und sie antwortet, sogar, wenn man gar nicht gefragt hat. Es liegt natürlich daran, dass man seit zwei Jahrzehnten den Netzausbau hinauszögert, Stichwort «Smart Grid». Es liegt an Wladimir Putin, wobei er ja nichts dafürkann, dass die Nato im Speziellen und Deutschland im Allgemeinen so blöd tun, also liegt es am Ukraine-Krieg.
Es liegt daran, dass wir seit 40 Jahren hätten die Lärmschutzwände aus Solarpanels bauen müssen, aber jetzt ist es halt zu spät und alle Solarpanels kommen aus China. Es liegt an der – von den Damen Bundesrätinnen Leuthard und Sommaruga völlig falsch aufgegleisten – Energiestrategie, dass ein durchschnittlicher 4-Personen-Haushalt mit fünf Zimmern jetzt 300 Franken im Jahr mehr bezahlt. Wir haben es schon immer gesagt: Der allgemeine Normalbürger mit vier durchschnittlichen Zimmern wird 3'000 Franken pro Jahr mehr bezahlen müssen, also genau gleich viel.
Das ist natürlich Äpfel mit Birnen verglichen, und zwar genau vier, nein fünf, nein durchschnittlich allgemein. Herrjeh, da muss man ja gleich kalt duschen gehen.
Strompreis: Die Lösung
Es gilt, den Blick auf das Ganze nicht zu verlieren. Denn wenn man die Argumente genau betrachtet, wird alles sonnenklar. Atomstrom wäre billiger, das zeigt Frankreich, ausser dass dort die AKW letztes Jahr grösstenteils durch Ausfall glänzten statt strahlten und wir unter anderem darum eine Winterreserve in Angriff nahmen. Aber das war letztes Jahr und im Atomzeitalter rechnet man in Zehntausenden von Jahren. Also alles gut, ah nein, bereits warnen Experten, das Uran für die AKWs werde teurer, weil Uran-Exporteur Niger ein grosses Problem mit Frankreich hat.
Dann wird der Strompreis in Frankreich teurer und via Deutschland auch bei uns, ah nein, AKWs tragen selten zur Preisberechnung am Spotmarkt bei. Ausserdem haben wir eh noch praktisch gleichviel Uran aus Russland, hahaaa, ah nein, das ist ja eventuell auch nicht mehr lange so. Aber wir haben ja noch die Wasserkraft, ausser dass sich die Pegelstände mal einen neuen Namen suchen sollten, weil die pegeln sich ja überhaupt nicht mehr zuverlässig ein.
Was die Politik nicht davon abhalten wird, ungefragt Antworten zu liefern. Dabei liegt die Lösung auf der Hand: Wir … also, ab 2025 … mit Investitionsanreizen und Eigenverantwortung … – nein, ich weiss auch nicht, wie wir zu erschwinglichem und genügend Strom kommen. Aber ich will ja auch nicht gewählt werden.