Steilpass für Trinkwasser-Initiative: Bund misst zu viele Pestizide
Der Bund hat viel zu viele Pestizide in Bächen gemessen. Damit müsste der Bundesrat eigentlich Ja sagen zur Trinkwasser-Initiative, findet die Initiantin.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bund misst erneut viel zu viele Pestizide in Schweizer Bächen.
- Der Bundesrat müsse deshalb Ja sagen zur Trinkwasser-Initiative, findet die Initiantin.
- Das lehnt der Bundesrat ab, bestätigt aber Defizite bei den geltenden Regelungen.
In Schweizer Bächen hat es zu viele Pflanzenschutzmittel – die Erkenntnis des Bundes überrascht nicht wirklich. Zu Besorgnis Anlass gibt aber das Ausmass der Grenzwert-Überschreitungen. Interessant sind auch die Erklärungen und Eingeständnisse der Bundesbehörden selbst. Diese sind auch Franziska Herren aufgefallen, der Initiantin der «Trinkwasser-Initiative», die eine pestizidfreie Landwirtschaft verlangt.
Selbstzweifel bei Grenzwerten und Messmethoden
Die an fünf Bächen gemessenen Werte seien repräsentativ und die Schadstoffe tatsächlich überwiegend aus der Landwirtschaft. Und eigentlich sei alles viel schlimmer, schimmert zwischen den Zeilen durch. Die pauschalen Grenzwerte für rund 50 unterschiedliche Stoffe seien nicht sehr aussagekräftig, wenn es auch auf die Mischung ankomme. Neue, erst seit kurzem messbare Insektizide, seien gar nicht berücksichtigt – die Wasserlebewesen darum viel zu wenig geschützt.
«Es ist eine Steilvorlage für unseren Abstimmungskampf», sagt Franziska Herren, Initiantin der Trinkwasser-Initiative. Der Bundesrat lehnt diese ohne Gegenvorschlag ab. Doch eigentlich müsse er jetzt selbst zum Schluss kommen, dass er ein Ja empfehlen müsste. «Unbedingt», findet Herren, denn die neusten Daten zeigten auf, wie dringend ihre Anliegen seien.
«Nationaler Aktionsplan» statt Trinkwasser-Initiative
«Doch stattdessen will der Bund die Grenzwerte für die meisten Pestizide massiv erhöhen», weiss Herren. Das sei unverantwortlich gegenüber den Menschen, Tieren und der Umwelt. Insbesondere gebe es ja Lösungen für eine pestizidfreie Landwirtschaft. «Die Bevölkerung weiterhin giftigen Pestizide auszusetzen und sie dafür noch bezahlen zu lassen ist fahrlässig, gefährlich und unverantwortlich.»
Dass es «ein ganzes Bündel von Massnahmen» brauche, sieht auch der Bund. Statt mit einem Pestizid-Verbot oder einem Gegenvorschlag zur Trinkwasser-Initiative setzt er aber auf einen Nationalen Aktionsplan. Dieser könne rasch umgesetzt werden, «ohne die Produktion übermässig einzuschränken», so der Bundesrat.
«Dann gelangen Pestizide via Gülle auf die Felder»
Umgesetzt vielleicht – aber die gravierenden Probleme des Pestizideinsatzes würden damit nicht gelöst. «Der Nationale Aktionsplan geht viel zu wenig weit», erklärt Herren am Beispiel der Waschplätze, wo Maschinen und Pflanzenschutzgeräte gereinigt werden. Das Reinigungswasser muss zwar zwingend ins Güllenloch geleitet werden. «Die Pestizide kommen dann einfach via Gülle wieder auf die Felder», führt Herren aus.
Sie sei jedenfalls gespannt, ob das Parlament dem Bundesrat folge oder die Gesundheit der Bevölkerung in den Vordergrund stelle. Verschiedene Parteien haben bereits eine Unterstützung der Trinkwasser-Initiative angedeutet. Die SVP stellt sich allerdings auf den Standpunkt, dass Landwirtschaft zu betreiben bereits bester Umweltschutz sei.