Stempelsteuer: Milliarden-Bschiss oder Milliarden-Chance?
Das Wichtigste in Kürze
- Das Parlament will die Stempelsteuer abschaffen, die Linke ergreift aber das Referendum.
- Die Stempelsteuer gibt es seit über 100 Jahren und findet meist wenig Beachtung.
- Es geht aber um Milliarden Franken Steuereinnahmen pro Jahr für das Budget des Bundes.
Selbst die Stempelkarten zum Sammeln von Vergünstigungen sind heute zunehmend digital. Die Stempel in Schweizer Haushalten dürften in der Mehrheit bunt und in Kinderhänden sein. Wenn das Parlament nun eine «Stempelsteuer» abschaffen will, tönt das nach Abschneiden eines alten Zopfs. Und doch geht es einmal mehr um Milliarden von Franken.
In der Tat stammt die Stempelsteuer aus der «guten alten Zeit». Spontan haben selbst Ökonomen Mühe, sich sicher zu sein, was denn da nun wieder dahintersteckt. Trotzdem wird das Stimmvolk sich ziemlich sicher darüber eine Meinung bilden müssen. SP und Grüne haben das Referendum gegen die Abschaffung der Stempelsteuer lanciert.
Stempelsteuer: Aus Promille werden Milliarden
Den Namen hat die Stempelsteuer effektiv vom Stempeln, schliesslich gibt es sie auch schon seit über 100 Jahren. Gestempelt und damit besteuert wird die Ausgabe von Wertpapieren: Aktien, Obligationen und bis 2012 auch Geldmarktpapiere. Aber auch der Handel mit solchen Wertpapieren und verschiedenen Formen von Anteilsscheinen unterliegen der Stempelsteuer.
Die Abgaben liegen hier bei 1 Prozent für Wertschriften und bei wenigen Promille beim Handel damit. Amtlich gestempelt werden auch Versicherungen wie die Haftpflicht- oder Autoversicherung. Hier beträgt der Steuersatz 5 Prozent. Die Franken- und Rappenbeträge summieren sich auf fast 3 Milliarden Franken pro Jahr.
Ausländer im Vorteil
Die Stempelsteuer kennt aber eine ganze Reihe von Ausnahmen. So fällt die Emissionsabgabe erst ab einem Betrag von einer Million Franken an. Entscheidend für die Bestrebungen, die Stempelsteuer abzuschaffen, ist aber ein anderer Umstand: Sie gilt nur für Einheimische.
Ist eine der Vertragsparteien ausländisch, erhält die Bundeskasse nichts. Dies führe einerseits zu Nachteilen für Schweizer Start-ups, Investoren und Innovatoren, fand die Parlaments-Mehrheit. Andererseits entgeht dem Volksvermögen Geld durch komplexe Umgehungsmöglichkeiten. Das sei ein Nachteil für den Finanzplatz Schweiz, aber auch die gesamte Volkswirtschaft.
Milliarden-Bschiss oder Milliarden-Chance?
SP und Grüne haben das Referendum ergriffen, weil sie einmal mehr einen Bschiss wittern. Einerseits hat das Parlament die Elimination der Stempelsteuer in drei Tranchen aufgeteilt. Mit der Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital werde darüber hinweggetäuscht, dass später noch viel mehr abgeschafft werde. Damit gingen Milliarden flöten, die die Schweiz besser in Klimaschutz investieren solle.
Die Befürworter rechnen dagegen vor, dass sich die Mindereinnahmen mittelfristig mehr als lohnen. Zwar gingen rund drei Milliarden Steuergelder verlustig, doch stiegen in den Folgejahren die Investitionen und das Bruttoinlandprodukt BIP an. Langfristig liege das BIP 1,2 Prozent höher, was 6,75 Milliarden Franken entspreche. Dank der Investitionen würden 22'700 Stellen geschaffen.
Die Zahlen stammen aus einer Studie von BAK Basel von 2009, die das Finanzdepartement umgehend analysiert hat. Sie sei «grundsätzlich nützlich», aber mit gewissen Vorbehalten: So falle das Fazit «überraschend günstig» aus und sei nicht immer nachvollziehbar. Es würden Effekte aufgezeigt, für die gar keine plausible Erklärung geliefert werde. Als Entscheidungsgrundlage sei die Studie jedenfalls nicht ausreichend.