SVP: Fussfassen im Ständerat will nicht gelingen
Das Wichtigste in Kürze
- Die SVP ist noch immer die wählerstärkste Partei der Schweiz.
- Nur im Ständerat konnte die Volkspartei noch nie Fuss fassen. Jetzt droht Platz 5.
- Grund ist das Frauenproblem, mangelnde Allianzen und zu stark polarisierende Kandidaten.
Auf vielen politischen Spielplätzen ist die SVP die stärkste Gang. Sie hat die grösste Fraktion im Nationalrat und stellt zwei Bundesräte. Auch in den kantonalen Parlamenten steht die Volkspartei gut da.
Nur ihre Präsenz im Ständerat ist alles andere als eine Erfolgsgeschichte. Warum gelingt es der Wählerstärksten Partei nicht, in der kleinen Kammer Fuss zu fassen?
Keine Erfolgsgeschichte der SVP im Ständerat
Die Erfolglosengeschichte der SVP ist lang. Unter Blochers Kommando blies man darum 2011 zum «Sturm aufs Stöckli». Er misslang: Unter den 46 Ständeräten befinden sich nur fünf SVP-Politiker. Diese Bilanz konnte auch der Sturm von 2015 nicht verbessern.
2019 nun hat man sich gehütet, von einem weiteren Sturm zu sprechen. Nach den aktuellen Wahlen könnte dieser sich gar in Gegenwind für die SVP verwandeln. Nur drei Mandate konnte die SVP im ersten Wahlgang sichern.
Die Gewählten sind Hannes Germann für Schaffhausen, Alex Kuprecht für Schwyz und Jakob Stark für den Thurgau. Allerdings stehen in deren vierzehn Kantonen für eine oder gar beide Ständeratssitze noch zweite Wahlgänge an.
So schlecht, wie seit 1991 nicht mehr
Chancen auf einen Ständeratssitz hat die SVP im Aargau und im Tessin. Einer der beiden Sitze wird sie höchstwahrscheinlich holen. Dann wäre die Partei bei vier Ständeratssitzen angelangt. Einem allzeit Tief, dass es seit 1991 nicht mehr gegeben hatte.
Holt die SVP den Tessiner und den Aargauer Sitz, bleibt sie auf der altbekannten Fünfer-Vertretung. Da Chancen auf einen SVP-Sieg auch in Zug und Schwyz intakt sind, wäre das durchaus möglich.
Berns Linke ist selbstbewusst
Auch in Bern wird nochmals gewählt. Mit Werner Salzmann als einzigem Bürgerlichen ist ein SVP-Mann im Rennen. Auf den ersten zwei Plätzen lagen letzten Sonntag allerdings die Linken. Hans Stöckli von der SP sowie Regula Rytz, Präsidentin der Grünen.
In allen anderen Kantonen ist ein SVP-Sitz unrealistisch. Im für die SVP besten Szenario liegen also acht Sitze drin. Realistisch sind aber deren fünf.
Zum Vergleich: FDP und CVP stellten vor den Wahlen je 13 Ständeräte. Die SP deren 12. Woran liegt das Ständerats-Pech der SVP?
Ständerat: Nicht Partei-, sondern Personenwahl
Beim Ständerat wird im Majorzsystem gewählt. Das heisst, es geht nicht um Parteistärke, sondern um das absolute Mehr. Anders als im Nationalrat findet im Ständerat also gezielt eine Personenwahl statt. Das heisst, es reicht nicht, Listenstimmen zu sammeln und dort einen guten Platz zu erzielen.
Doch warum sind die SVP-Politiker nur in der Masse erfolgreich? Und müssen hinter wählerschwächeren Parteien zurücktreten, wenn es um Einzelpersonen geht?
Wer in den Ständerat will, braucht über seine eigene Partei hinaus Stimmen. Dafür ist es wichtig, Allianzen zu schmieden. Das scheinen Sozialdemokraten und Grüne aktuell um einiges gewandter zu tun, als die SVP. In Zug und Schwyz etwa kommen die Konkurrenten der SVP aus dem bürgerlichen Lager.
Klima und Frauen verpasst
Dazu kommt, dass 2019 nicht nur eine Grüne Welle durch die Schweiz wogte. 2019 war auch eine Frauenwahl. Ein Thema, das die Volkspartei nur marginal zu kümmern scheint. Mit den ausschliesslich mittelalten Herren, die zum zweiten Wahlgang antreten, dürfte die SVP eine junge und gleichberechtigte Wählerschaft kaum ansprechen.
Obwohl der Ständerat auf die Personenwahl zieht, haben stark polarisierende Figuren selten gute Chancen. Ein Beispiel ist der Zürcher Weltwoche-Chef Roger Köppel. Er zog seine Kandidatur zugunsten des FDP-Kollegen zurück.
Das Leid der Volkspartei könnte die Freude der Grünen werden. Die Umweltpartei stellte bisher nur einen Ständerat. Nun konnte sie im ersten Wahlgang deren zwei zusätzliche Sitze erobern. Ist den Grünen das Glück hold, dürfen bis zu fünf weitere Parteimitglieder im Ständerat Platz nehmen.