Widmer-Schlumpf will genauere Unterscheidung als «65plus»

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Die über 65-Jährigen sollen nicht pauschal als Risikogruppe punkto Coronavirus gelten, fordert auch alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Geht das überhaupt?

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Widmer-Schlumpf will genauere Unterscheidung als «65plus» - SRF

Das Wichtigste in Kürze

  • Alle «65plus» als Risikogruppe zu bezeichnen, sei falsch, sagt Eveline Widmer-Schlumpf.
  • Sie fordert eine genauere Unterscheidung beim Coronavirus-Risiko.
  • Ein Ansatz wäre ein ärztlicher Check-up.

«65plus heisst nicht, dass man krank ist», betont alt Bundesrätin und Pro-Senectute-Präsidentin Eveline Widmer-Schlumpf. Bei «Gredig direkt» auf SRF fordert die 64-Jährige deshalb eine präzisere Unterscheidung, wer nun zur Corona-Risikogruppe gehört und wer nicht. Sie befürchtet, dass sonst ein ganzer Bevölkerungsteil stigmatisiert wird. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigten, dass die vom Bund definierte pauschale Einteilung nach Lebensalter nicht haltbar sei.

Ex-Bundesräte widersprechen ihren Nachfolgern

Bereits alt Bundesrat Moritz Leuenberger, mit 73 Jahren schon deutlich in der Risikogruppe, stösst ins gleiche Horn. Die Grenze bei 65 Jahren zu ziehen sei einigermassen willkürlich.

Eveline Widmer-Schlumpf Pro Senectute
Alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, Präsidentin von Pro Senectute Schweiz, spricht in vorschriftsgemässem Abstand zu Alain Huber, Direktor, an einer Medienkonferenz zur Generationensolidarität in Zeiten des Coronavirus, am Dienstag, 17. März 2020 vor dem Schulhaus in Felsberg. - Keystone

«Es ist einfach so», sagte BAG-Experte Daniel Koch auf eine Frage von Nau.ch. Mit steigendem Alter nehme auch Häufigkeit und Schweregrad der Erkrankungen zu. Koch räumt aber auch ein, dass man auch 60 oder 70 Jahre als Altersgrenze hätte definieren können.

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Daniel Koch, Corona-Delegierter des BAG. - Der Schweizerische Bundesrat

Das findet auch Widmer-Schlumpf. Gleichzeitig zeigt sie Verständnis, dass ihre ehemaligen Kollegen gar nicht anders entscheiden konnten. «Was hätten sie tun sollen, etwa sagen ‹alle, die pensioniert sind›?» Das sei ebenso ungenau, aber heute habe man Daten, die ein viel differenzierteres Bild zeigten.

Arztzeugnis für Coronavirus-Risiko

Um diese Erkenntnisse auf die Bevölkerung zu übertragen, brauche es einen «Covid-19-Risiko-Check-up». Dies fordert die «senior GLP», die Alterssektion der Grünliberalen. Ein Arzt soll allen, nicht nur älteren Menschen, die eigene Coronavirus-Gefährdung attestieren.

Hausarzt Patientin Untersuchung
Ein Hausarzt im Ärztehaus Seebach in Zürich im Gespräch mit einer Patientin, aufgenommen am 19. August 2019. - Keystone

Mit einem üblichen ärztlichen Checkup inklusive Blutdruck, Gewicht und Blutfettwerten soll ein Arztzeugnis erstellt werden. «Ausserdem müsste in einer anamnestischen Befragung das Vorhandensein der bekannten Vorerkrankungen erhoben werden», sagt Peter C. Meyer von der «senior GLP».

Meyer, selbst ein Gesundheitsfachmann, räumt gegenüber Nau.ch aber auch ein: «Wir wissen noch zu wenig für eine perfekte Risikoabschätzung.» Wenn nicht perfekt, so aber doch brauchbar, so dass das Arztzeugnis «ein selbstverantwortliches Verhalten ermöglicht». Ziel wäre also nicht, dass man misstrauischen Zeitgenossen im Tram sein farbcodiertes Gesundheits-Rating unter die Nase reiben kann. Sondern für sich selbst weiss, ob man sich im grünen Bereich bewegt.

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