Moritz Leuenberger kritisiert Alain Berset und Daniel Koch
Im «Club» zu Humor und Corona-Krise kritisierte alt Bundesrat Moritz Leuenberger Maskenpflicht und Definition der Risikogruppen. Er leiste aktiv Widerstand.
Das Wichtigste in Kürze
- Der SRF-«Club» diskutierte gestern den Humor während der Corona-Krise.
- Dabei kritisierte alt Bundesrat Moritz Leuenberger mehrfach die Empfehlungen des Bundes.
- Obwohl bereits 73, will Leuenberger sich nicht als Teil einer Risikogruppe sehen.
Humor als Rettungsanker in der Corona-Krise: Darüber sollte im SRF-«Club» diskutiert werden. Talk-Gäste waren Kabarettist Gabriel Vetter, Slam-Poetin Patti Basler und Kolumnist Bänz Friedli. Als Humor-Experte geladen war aber auch alt Bundesrat Moritz Leuenberger, heutzutage Gastgeber der «Bernhard Matinée». Und Leuenberger liess sich nicht lange bitten, sondern liess bisweilen seinem Ärger über die Bundespolitik freien Lauf.
Frontalangriff auf Daniel Koch und Alain Berset
Dem Humor komme eine sehr wichtige Rolle zu in der Krise, argumentiert Leuenberger. So könne man aus der Lethargie gerissen und Widersprüche aufgezeigt werden. Mit seinem Beispiel griff der SP-Politiker seinen Parteikollegen Alain Berset und BAG-Experte Daniel Koch dann aber frontal an.
«Jetzt haben wir doch alle daran geglaubt, dass es keine Masken braucht – und zufälligerweise hatte es auch keine Masken.» Kaum habe es aber Masken, brauche man auch Masken. Wenn sich Kabarettisten darüber lustig machten, merke man erst: «Die Wissenschafter sind ja der Realpolitik erlegen.»
«Gehöre nicht zu Risikogruppe!»
Humor hat nach Leuenberger also auch sehr viel Macht. «Die Humoristen können einem den Glauben an die Wissenschaft, sogar an den Bundesrat wegnehmen.» Doch er selbst schafft das offenbar auch ganz ohne Unterhaltungswert in Eigenregie.
Denn Leuenberger will sich auch nicht als Risikoperson sehen. Als Gabriel Vetter ihm anbietet, «wir können sonst für sie Einkaufen gehen», wird er energisch. «Ich bestreite das! Ich bestreite, dass ich zu einer Risikogruppe gehöre!»
Leuenberger leistet Widerstand gegen Wissenschaft
Der 73-Jährige weiss, dass es jetzt politisch wird. Er hinterfragt, warum die Grenze ausgerechnet bei 65 Jahren liegen soll. «Es ist nämlich nicht so, dass ab 65 mehr Leute sterben an Corona. Wenn sie sagen würden, ab dem Alter, wo die Mortalität grösser ist, soll man nicht mehr einkaufen gehen: Okay!»
Aber 65, zufälligerweise in der Schweiz auch das Rentenalter, das will der Ex-Bundesrat dem amtierenden Bundesrat nicht abkaufen. «Das hat mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen nichts zu tun, das ist ein wirtschaftliches Kriterium.» Ihm vom Einkaufen abhalten, das passt dem rüstigen Rentner nicht: «Dem widersetze ich mich, in Selbstverantwortung, da gibt es Widerstand.»
Ihm gegenüber würden die Leute dann immer einwenden: «Aber du bist doch Bundesrat gewesen!» Doch das ficht den Hobby-Humorist nicht an: «Das ist keine Krankheit!»
Zweifel an Coronavirus-Fakten
Ob letzteres stimmt, sei dahingestellt, aber hat Leuenberger mit seiner Alters-Argumentation einen wunden Punkt getroffen? So genau lässt sich das Risiko-Alter tatsächlich nicht auf eine Jahreszahl festlegen. Denn die meisten Untersuchungen machen Kategorien von 50 bis 59, 60 bis 69 und so weiter.
Andererseits: Alle Studien zeigen, dass je älter, desto mehr Ansteckungen mit Coronavirus, und auch desto höhere Sterblichkeitsrate. Mit seinen 73 Lenzen ist Leuenberger so oder so um Grössenordnungen gefährdetet als seine Mit-Talker. Und irgendwo muss die Grenze ja festgelegt werden, wenn nicht alle Ü50 zum Rüstigkeitstest sollen.
Moritz Leuenberger hat es schon immer gewusst
In Kritik gerät Leuenberger sogleich auch in der Club-Runde selbst. Es folgt ein Schlagabtausch mit Slam-Poetin und Masken-Fetischistin Patti Basler.
Basler: «Corona hat aus dir einen rechtsliberalen, freiheitsliebenden Libertären gemacht?»
Leuenberger: «Nein, das ist Selbstverantwortung. Ich habe einen Enkel, der war bis jetzt nicht in der Kita…»
Basler: «Aber du darfst ihn umarmen, der Koch hat es gesagt.»
Leuenberger: «Da war er ja auch unglaubwürdig. Am Anfang hat es geheissen, der sei eine Virenschleuder. Ich habe schon damals gedacht, das stimmt doch einfach nicht. Und jetzt, prompt! Prompt, oder?»
Was der Bundesrat nicht sagt:
— Patti Basler (@PattiBasler) April 22, 2020
"Liebe Bevölkerung, wir halten euch für zu dumm, mit einer generellen Öffnung umzugehen, Regeln einzuhalten.“
Was er nicht sagt:
"Wir haben zu wenig Masken, Material, Personal.“
Was der Bundesrat sagt: "Schtartöpps."
Und ich fürchte, er hat recht.