Wird nun der Nato-Beitritt auch in der Schweiz zum Thema?
Der Ukraine-Krieg wirbelt die Sicherheitspolitik Europas durcheinander. Schweden, Finnland und Österreich diskutieren den Nato-Beitritt – und die Schweiz?
Das Wichtigste in Kürze
- Verschiedene Staaten diskutieren wegen des Krieges in der Ukraine über den Nato-Beitritt.
- Für uns sei vor allem die Entwicklung in Österreich interessant, so Schneider-Schneiter.
Seit die russische Armee in der Ukraine einmarschiert ist, steht die Sicherheitspolitik der europäischen Länder auf dem Prüfstand. Schnell und eindrücklich fiel die Reaktion Deutschlands aus: Bundeskanzler Olaf Scholz stellte der Bundeswehr 100 zusätzliche Milliarden in Aussicht. Ausserdem soll das Land Jahr für Jahr über zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung stecken.
Mit dem Beitritt zur EU haben Schweden und Finnland zwar in Sachen Neutralität einen schweren Stand. Die Länder beteiligen sich etwa bei der Umsetzung von Sanktionen wie der Luftraumsperre. Nun liefern sie nach einem historischen Entscheid sogar Waffen an die Ukraine.
Zur Nato gehören die beiden Länder allerdings bisher nicht. Die Regierungen wollen den «Status quo» beibehalten und bei der engen Zusammenarbeit mit dem Bündnis bleiben. Die Stimmung in der Bevölkerung ist allerdings gekippt, die Mehrheit der Finnen etwa befürwortet in einer Umfrage den Nato-Beitritt.
Das Verteidigungsbudget müsste mehr als verdoppelt werden
Auch in der Schweiz dürfte die Frage auftauchen. «Eine Diskussion muss in einer Demokratie immer möglich sein», sagt SVP-Nationalrat Roland Büchel. Doch aus seiner Sicht würde die Sicherheit für die Menschen in der Schweiz durch einen Beitritt bestimmt nicht erhöht. «Mit einem Nato-Beitritt wären die bewährte Neutralität und realistisch gesehen zu einem grossen Teil auch die bewährten ‹Guten Dienste› endgültig Geschichte.»
«Würden wir der NATO beitreten, so müssten wir unser Verteidigungsbudget mehr als verdoppeln. Wären die Linken hier dabei? Kaum, viele von ihnen wollen die Armee komplett abschaffen.»
Entwicklungen in Österreich sind von Interesse
Mitte-Nationalrätin Schneider-Schneiter richtet den Blick in dieser Diskussion nicht auf die skandinavischen Länder, sondern ins benachbarte Österreich. Die Entwicklungen zur Beitrittsfrage gelte es aus der Schweiz mit besonderem Interesse zu verfolgen. «Denn das Neutralitätsverständnis, wie es im österreichischen Staatsvertrag von 1955 festgehalten ist, bezieht sich direkt auf das Modell der schweizerischen Neutralität.»
Die geopolitische Lage der Schweiz ist ohnehin besser mit derjenigen von Österreich zu vergleichen. Während etwa Finnland eine Grenze von über 1300 Kilometer mit Russland teil, muss ein Angreifer vor dem Einmarsch hierzulande das Gebiet des Nato-Bündnisses durchschreiten.
«Keine voreiligen Schlüsse ziehen»
Schneider-Schneiter «ist ein Nato-Beitritt keine Option und eine Debatte verlorene Zeit.» Mit dem Beitritt würde die Schweiz zu einer Partei, die Neutralität somit obsolet. Denn im Falle eines Angriffes auf ein Nato-Mitglied würde die Beistandspflicht eine autonome militärische Entscheidung verunmöglichen.
Die aktuellen kriegerischen Entwicklungen zeigten jedoch, dass die Schweiz ihr staatliches Selbstverständnis wieder einmal fundamental diskutieren und für die Zeit nach dem Krieg justieren muss, schliesst Schneider-Schneiter ab.
Für SP-Nationalrat Fabian Molina sei es noch zu früh für eine solche Diskussion und er warnt vor voreiligen Schlüssen: «Der russische Angriffskrieg wird die europäische Sicherheitsordnung zweifellos verändern. Diese Veränderungen müssen abgewartet und seriös analysiert werden.»