Zürcher Stadtparlament will ÖV nicht für alle vergünstigen
Die SP-Volksinitiative für ein vergünstigtes VBZ-Jahresabo stösst im Stadtzürcher Gemeinderat auf Ablehnung.

Die SP-Volksinitiative «VBZ-Abo für 365 Franken» ist im Stadtzürcher Gemeinderat am Mittwoch nicht gut angekommen. Das Parlament sagte Nein zu den vergünstigten ÖV-Abos für alle. Das letzte Wort hat das Stimmvolk am 28. September.
Die SP-Initiative fordert, dass alle Einwohnerinnen und Einwohner ein VBZ-Jahresabo für nur 365 Franken kaufen können. Es gäbe also eine Vergünstigung von rund 400 Franken für die Benützung des öffentlichen Verkehrs (ÖV).
SP-Gemeinderat Severin Meier bezeichnete die Initiative als «simpel, wenn nicht schon elegant». Sie würde gemäss SP nicht nur viele Einwohnerinnen und Einwohner zum Umsteigen auf Tram und Bus bewegen, sondern auch noch das Portemonnaie entlasten. Die Initiative ist denn auch ein Puzzleteil des «Kaufkraftpakets» der SP.
Angst vor Loch in der Stadtkasse
Würden durch den Rabatt deutlich mehr Abonnemente verkauft, würde dies die Stadt voraussichtlich 140 Millionen Franken kosten. Sollten keine zusätzlichen Abos verkauft werden, würden die Vergünstigungen für die bisherige Kundschaft mit 52 Millionen Franken zu Buche schlagen.
Angst vor einem Loch in der Stadtkasse hat die SP nicht, im Gegenteil. «Wir können uns das leisten», sagte Meier weiter. Schliesslich habe die Stadt diese Woche bekannt gegeben, dass sie im vergangenen Jahr eine halbe Milliarde Überschuss erzielt habe.
Giesskannenprinzip stösst auf Kritik
Der Gemeinderat empfiehlt den Stimmberechtigten dennoch ein Nein. Grund dafür ist vor allem das unbeliebte «Giesskannenprinzip», mit dem die Vergünstigung ausgesprochen würde. Es könnten alle davon profitieren – auch die mit Millionen auf dem Konto.
«Es braucht keine Millionärs-Ticketsubventionen», sagte Carla Reinhard (GLP). Ein 365-Franken-Abo für alle sei deshalb nicht sinnvoll. Dieser Meinung war auch die EVP. «Anstatt den ÖV für alle zu vergünstigen, wäre es besser, mehr Geld in die Infrastruktur zu investieren», sagte Sandra Gallizzi.
Die FDP teilte diese Ansicht. Der ÖV müsse besser und schneller werden, nicht günstiger, sagte Martina Zürcher. Für die SVP ist die Vorlage «klassisches Geschenkeverteilen vor den Wahlen 2026», wie es Samuel Balsiger ausdrückte. «Dass auch Millionäre von den Vergünstigungen profitieren würden, ist der SP egal».
Die Grünen: Geld besser in Velowege investieren
Die Grünen waren sich intern nicht einig, ob sie die SP-Initiative zur Annahme empfehlen sollen oder nicht. «Wer kein ÖV-Abo kaufen will, profitiert gar nichts», sagte Markus Knauss. Damit meinte er primär die Velofahrerinnen und Velofahrer.
Seiner Ansicht nach sollten die 140 Millionen Franken besser in Velowege investiert werden als in ÖV-Abos. Es sei ohnehin unklar, wie man noch mehr Menschen in Tram und Bus quetschen wolle. Ein Teil der Grünen empfahl die SP-Initiative jedoch zur Annahme.
Gegenvorschlag findet keine Zustimmung
Keine Chance hatte im Stadtparlament auch der Gegenvorschlag des Stadtrates. Im Gegensatz zur SP-Initiative wollte die Stadtregierung nur jene beim Abo-Kauf unterstützen, die es wirklich nötig haben, also Zürcherinnen und Zürcher mit tiefem Einkommen.
«Bei Menschen mit sehr tiefem Einkommen frisst der ÖV ein tiefes Loch ins Portemonnaie», sagte Sozialvorsteher Raphael Golta (SP). Dass sich der Gemeinderat nicht auf diesen Kompromiss habe einigen können, sei schade und ernüchternd. Damit kritisierte er nicht zuletzt seine eigene Partei, die ihre Initiative nicht zugunsten eines Gegenvorschlags zurückziehen will.
Mit dem Nein zum Gegenvorschlag kommt am 28. September somit nur die SP-Initiative an die Urne. Die Stimmberechtigten haben also die Wahl zwischen dem 365-Franken-Abo und dem bisherigen Tarifsystem.