Ampelkoalition: Das führte «endlich» zum Scheitern
In Deutschland ist die Ampelkoalition auseinandergebrochen. Sie stand nie unter einem guten Stern.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen ist Geschichte.
- Die Gegensätze zwischen den Parteien konnten schliesslich nicht mehr gekittet werden.
- Rückblickend zeigt sich: Alternativen gab es nicht wirklich.
Die erste Ampelkoalition Deutschlands auf Bundesebene ist gescheitert – und niemand ist wirklich überrascht. Denn das Unterfangen, mit den drei Parteien SPD, Grüne und FDP eine Regierung zu bilden, verlief von Anfang an harzig. Dabei war beim Start dieser «Zweckgemeinschaft» noch viel Enthusiasmus und gegenseitige Wertschätzung verbreitet worden. Wie konnte es also so weit kommen, dass nun bei der Ampel Lichterlöschen ist?
Wahlen 2021: Alles kann, nichts muss
Nach den Bundestagswahlen 2021 war die SPD unter Olaf Scholz die grosse Gewinnerin. Sie legte über fünf Prozent zu und überholte die CDU/CSU, die über acht Prozent verlor. Aber: Mit 206 Sitzen von 736 liess sich trotzdem bei weitem noch keine Regierung bilden. Also musste eine Koalition her.
Theoretisch wäre eine «grosse Koalition» mit der CDU/CSU weiterhin möglich gewesen. Doch davon hatten nach acht Jahren die allermeisten mehr als genug. Also sondierte man Varianten mit Beteiligung dreier Parteien.
Viel Auswahl gab es da nicht: Mit der AfD wollte niemand, Rot-Rot-Grün (Linke, SPD & Grüne) ergab keine Mehrheit. Blieb die «Jamaika-Koalition» aus CDU, Grünen und FDP, was dann aber zugunsten der Ampelkoalition nicht weiterverfolgt wurde. Damit bildeten die drei Gewinner der Wahlen auch die Regierung – mussten sich aber auf ein gemeinsames Programm einigen.
Grosse Differenzen unter den Koalitionspartnern
Für die FDP bot sich die Gelegenheit, endlich wieder Minister zu stellen – also raufte man sich mit Links-Grün zusammen. Gegensätze ziehen sich an, hoffte man wohl. Man sei einander mit Neugier und Ernsthaftigkeit begegnet, verriet FDP-Chef Christian Lindner. Man wollte unbedingt eine Regierung zusammenzimmern und die Pattsituation durchbrechen.
Aber sogar im Koalitionsvertrag hiess es dann, die Ampelkoalition sei gekennzeichnet durch «drei sehr unterschiedliche Parteien». Um sich überhaupt auf Ziele verständigen zu können, wurden links und rechts reihenweise Kröten geschluckt. Konnte das gut gehen?
Ampelkoalition: Einig, dass man uneinig ist
Zwar fand man durchaus Gemeinsamkeiten: Grüne und FDP brachten zum Beispiel die Cannabis-Legalisierung durch, sind sich auch bei anderen Gesellschaftsfragen einig. SPD und Grüne finden sich bei der Klima- und Tierschutz-Politik. Doch die zu schluckenden Kröten erwiesen sich als einigermassen schlecht verdaulich.
Die Grünen mussten auf das Tempolimit 130 verzichten, die FDP drückte den anderen beiden einen Verzicht auf Steuererhöhungen aufs Auge. Spannungen waren vorprogrammiert und zeigten sich spätestens, als das rot-gelb-grüne Kabinett seine Arbeit aufnahm.
Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) musste Dutzende Flugreisen unternehmen, nur zwei davon per Linienflug. Finanzminister Christian Lindner (FDP) musste Ausgaben rechtfertigen, die ihm eigentlich zuwider waren – und machte eher das Gegenteil. Er brüskierte die Ampel-Partner mit Vorschlägen zu Steuersenkungen und stellte die Klimapolitik infrage.
Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) legte sich mit den Bauern an. Sein «Heizungsgesetz» stiess auf grundsätzlichen Widerstand bei Koalitionspartner FDP. Trotzdem verstehe er sich mit FDP-Chef Lindner «supi», versuchte er noch im Sommer 2023 die Wogen zu glätten.
Ende mit Schrecken für die Ampelkoalition
Doch zunehmend wurde klar, dass es der FDP schlicht unwohl war in ihrer kunterbunten Dreiecksbeziehung. Für den Eklat sorgte schliesslich Christian Lindner mit einem Wirtschaftspapier. Dieses brachte bei SPD und Grünen das Fass vollends zum Überlaufen.
Für Habeck war dies eine gezielte Provokation. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warf Lindner vor, eine bereits erzielte Einigung einseitig aufgekündigt zu haben. Dies war ein Vertrauensbruch zuviel – Scholz entliess Lindner als Finanzminister. Er bezeichnete dessen Verhalten als «kleinkariert und verantwortungslos».
Das Ende der Ampelkoalition war Tatsache, für viele Beobachter «endlich». Bei der FDP hiess es, Scholz sei matt und unambitioniert gewesen und eines Regierungschefs unwürdig. Gegenseitig wirft man sich vor, den Bruch absichtlich herbeigeführt zu haben.
Die übrigen FDP-Minister traten zurück, mit Ausnahme von Digital- und Verkehrsminister Volker Wissing, der stattdessen aus der FDP austrat. Mitte Januar will Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag die Vertrauensfrage stellen. Bei einem Scheitern wären wohl Neuwahlen im März 2025 die Folge. Bis dahin will Scholz mit SPD und Grünen alleine weiterregieren und bei wichtigen Gesetzen das Gespräch mit der CDU suchen.