Berlin fordert «realistischere» Haltung Londons in Post-Brexit-Gesprächen
Die Bundesregierung hat von Grossbritannien Bewegung in den Gesprächen über die künftigen Beziehungen nach dem Brexit gefordert.
Das Wichtigste in Kürze
- EU-Botschafter: Volle Souveränität schliesst vollen Zugang zum Binnenmarkt aus.
Eine Einigung sei möglich, sagte der deutsche EU-Botschafter Michael Clauss am Donnerstag in Brüssel. Dafür müsse London aber «eine realistischere Herangehensweise» an den Tag legen. Es sei für die Briten nicht möglich, «volle Souveränität zu haben und gleichzeitig vollständigen Zugang zum Binnenmarkt» der EU.
Grossbritannien war am 31. Januar aus der EU ausgetreten. In der Übergangsphase bis Jahresende bleibt das Land noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. In dieser Zeit wollen beide Seiten insbesondere ein Handelsabkommen vereinbaren.
Bis Freitag läuft noch die vierte Verhandlungsrunde beider Seiten. Bisher habe es aber «keine rechten Fortschritte in den Verhandlungen gegeben», sagte Clauss bei einer Veranstaltung des European Policy Centre (EPC) zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr. Beide Seiten beharrten auf ihren Positionen.
Clauss verwies darauf, dass für Juni ein Gespräch von Premierminister Boris Johnson, EU-Ratspräsident Charles Michel und Kommissionschefin Ursula von der Leyen geplant ist, um eine Zwischenbilanz zu ziehen. Die EU arbeite dabei unter der Annahme, dass Grossbritannien «keine Verlängerung» der Übergangsphase über das Jahresende hinaus verlangen werde.
«Das bedeutet, dass ein Deal in den nächsten sechs Monaten gefunden werden muss», sagte Clauss. Dies sei damit «ein Muss» für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Deutschland hoffe, dass eine Vereinbarung bis zum EU-Gipfel im Oktober gelinge, weil diese dann mindestens noch vom Europaparlament ratifiziert werden müsse.
An einem bestimmten Punkt, werde sich die EU jedenfalls fragen müssen, «ob ein Deal sehr wahrscheinlich ist», sagte Clauss weiter. Wenn dies nicht der Fall sei, müssten Notfallmassnahmen für ein Ende der Übergangsphase am 31. Dezember ohne Abkommen vorbereitet werden.