Bidens «Gipfel für Demokratie» - gemeinsame Front gegen Autokraten?
Die USA und zahlreiche andere Akteure haben beim «Gipfel für Demokratie» von US-Präsident Joe Biden eindringlich vor einem globalen Vormarsch von Autokratien gewarnt.
Das Wichtigste in Kürze
- «Auf der ganzen Welt fühlen sich Autokraten ermutigt, Menschenrechtsverletzungen haben sich vervielfacht», sagte US-Vizepräsidentin Kamala Harris bei der zweitägigen Online-Konferenz mit Repräsentanten von mehr als 100 Regierungen und Vertretern der Zivilgesellschaft.
UN-Generalsekretär António Guterres rief am Freitag zu mehr Engagement bei der Verteidigung demokratischer Werte weltweit auf.
US-Präsident Biden versucht seit seinem Amtsantritt im Januar, eine gemeinsame Front mit Verbündeten gegen die Kontrahenten China und Russland zu schmieden. Das Verhältnis zu Peking ist belastet wie noch nie seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen 1979. Zuletzt sorgte die US-Ankündigung eines diplomatischen Boykotts der Olympischen Winterspiele in Peking für Ärger. Die Spannungen mit Moskau haben so weit zugenommen, dass Biden sich Fragen über einen möglichen Einsatz von US-Kampftruppen im Fall einer russischen Invasion in der Ukraine ausgesetzt sieht. Russland und China blieben bei Bidens Gipfel aussen vor, sie waren nicht eingeladen.
Immer wieder war der Einfluss Moskaus und Pekings aber Anlass für Warnungen bei dem Online-Gipfel. Der litauische Präsident Gitanas Nauseda sagte der Ukraine «angesichts der russischen Aggression» Unterstützung zu. Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja sagte mit Blick auf das von Russland unterstützte Regime in ihrem Land: «27 Jahre Unterdrückung haben uns gelehrt, dass Beschwichtigung niemals funktioniert.»
Der Bürgerrechtler Nathan Law beschrieb, wie die Metropole Hongkong, die als freieste in Asien gegolten habe, unter dem Einfluss Chinas «direkt vor unseren Augen zu einem Polizeistaat wurde». Demokratischer Rückschritt sei für ihn «keine abstrakte Theorie, sondern eine persönliche und schmerzliche Geschichte», sagte der im Exil lebende frühere Abgeordnete. Taiwans Digitalministerin Audrey Tang sah ihr Land in ihrem Gipfel-Beitrag «an der Frontlinie des globalen Kampfes gegen Autoritarismus».
China hatte gegen die Einladung Taiwans zu dem Gipfel protestiert. Die kommunistische Propaganda der Regierung in Peking nahm das Treffen zum Anlass, das System in China ebenfalls als eine Art demokratisches Modell zu porträtieren - das allerdings viel bessere Ergebnisse für das Volk liefere. Der Staatsrat legte ein 30-seitiges Weissbuch mit dem Titel vor: «China: Eine Demokratie, die funktioniert». Autoren des Papiers argumentierten allerdings gleichzeitig, dass freie Wahlen das Land in Aufruhr stürzen würden.
Von der Konferenz geht das Signal aus, dass sich die USA immer noch als Leuchtturm der Demokratie verstehen. Wie fragil die Demokratie aber auch in den Vereinigten Staaten ist, hat sich besonders am 6. Januar gezeigt, als Anhänger von Biden-Vorgänger Donald Trump das Kapitol stürmten. Trump mag abgewählt worden sein, von der politischen Bühne verschwunden ist er nicht. Im Hintergrund zieht er die Strippen bei seinen Republikanern, eine Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2024 ist alles andere als ausgeschlossen. Seine Niederlage hat Trump nie anerkannt, er behauptet weiterhin, um den Sieg betrogen worden zu sein - auch wenn er keine Belege dafür hat.
«Hier in den Vereinigten Staaten wissen wir, dass unsere Demokratie nicht vor Bedrohungen gefeit ist», sagte Harris. «Wir wissen auch, dass die Stärke unserer Demokratie mit der Stärke von Demokratien weltweit verbunden ist. Und so sind wir gleichermassen verpflichtet, Bedrohungen für die Demokratie zu bekämpfen, wo immer sie existieren.» Biden hatte zum Gipfel-Auftakt gesagt: «Wir müssen für Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit eintreten, für Redefreiheit, Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit, Religionsfreiheit, für alle angeborenen Menschenrechte jedes Einzelnen.»