Boris Johnson folgt als britischer Premierminister auf Theresa May
Nach seiner Wahl zum Nachfolger der bisherigen britischen Premierministerin Theresa May hat Brexit-Hardliner Boris Johnson bekräftigt, Grossbritannien am 31. Oktober aus der EU führen zu wollen.
Das Wichtigste in Kürze
- Labour-Chef Jeremy Corbyn fordert Neuwahlen.
Der frühere Aussenminister setzte sich bei der Wahl zum neuen Chef der konservativen Tories deutlich gegen den amtierenden Aussenminister Jeremy Hunt durch, wie die Partei am Dienstag bekanntgab. Am Mittwoch übernimmt Johnson auch den Posten des Regierungschefs von May.
Johnson erhielt in der Urabstimmung um den Tory-Vorsitz 66 Prozent der abgegebenen Stimmen. Der 55-Jährige war von Anfang an als haushoher Favorit gehandelt worden.
Unmittelbar nach Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses erneuerte Johnson seine Ankündigung, den EU-Austritt bis zum 31. Oktober vollzogen zu haben. Johnson ist nach eigenem Bekunden bereit, Grossbritannien notfalls auch ohne Austrittsvertrag aus der EU zu führen.
Der Brexit-Chefunterhändler der EU, Michel Barnier, erklärte nach Johnsons Wahl auf Twitter die Bereitschaft, die politische Erklärung zu den künftigen Beziehungen zu Grossbritannien nach dem EU-Austritt «zu überarbeiten». Die Erklärung ist nicht Teil des Austrittsvertrags und nicht rechtlich bindend.
Als erstes internationales Staatsoberhaupt gratulierte US-Präsident Donald Trump Johnson. «Er wird grossartig sein», schrieb er auf Twitter.
Bundeskanzlerin Angela Merkel freut sich nach Angaben von Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer «auf eine gute Zusammenarbeit» mit Johnson. «Unsere Länder soll auch in Zukunft eine enge Freundschaft verbinden», betonte die Kanzlerin demnach.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte seine Bereitschaft, mit Johnson «auf bestmögliche Weise» zusammenzuarbeiten. Junckers designierte Nachfolgerin Ursula von der Leyen betonte bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris: «Wir müssen viele verschiedene und schwierige Probleme zusammen angehen.»
Macron erklärte, er wolle nicht nur in der Europapolitik «so schnell wie möglich» mit Johnson zusammenarbeiten, sondern auch bei anderen internationalen Themen, etwa «der Situation im Iran».
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte, er freue sich auf die «enge Zusammenarbeit» mit Johnson. Grossbritannien sei ein starker Verbündeter, betonte Stoltenberg.
Italiens Innenminister Matteo Salvini von der rechtsradikalen Lega erklärte zu Johnsons Wahlsieg: «Die Tatsache, dass die Linke ihn als gefährlicher als die Lega bezeichnet, macht ihn mir noch sympathischer.»
In Grossbritannien selbst fielen die Reaktionen gemischt aus. Oppositionsführer Jeremy Corbyn rief Johnson zu Neuwahlen auf. Dieser habe die Unterstützung von weniger als 100.000 «nicht repräsentativen konservativen Parteimitgliedern», nicht aber «die Unterstützung des Landes», erklärte der Labour-Chef.
Die Chefin des Britischen Industrieverbands, Carolyne Fairbairn, warnte Johnson, die Vorteile eines «guten» Brexit-Abkommens nicht zu unterschätzen.
Der Chef der EU-feindlichen Brexit-Partei, Nigel Farage, wünschte Johnson via Twitter Erfolg bei der Umsetzung seines Versprechens, den EU-Austritt am 31. Oktober ohne Wenn und Aber durchzuziehen.
Ob Johnson den Brexit wie angekündigt umsetzen kann, ist indes offen. Zahlreiche Parlamentarier haben ihren Widerstand gegen einen ungeregelten Brexit angekündigt. Sollte Johnson an einer Neuverhandlung eines Austrittsvertrags mit der EU scheitern, könnte es daher zu vorgezogenen Neuwahlen kommen. Mehrere Minister aus Mays Kabinett hatten zuletzt angekündigt, im Falle von Johnsons Wahl zurückzutreten.
May will am Mittwochnachmittag ihren Rücktritt als Regierungschefin bei Königin Elizabeth II. einreichen. Wenige Stunden danach soll die Queen Johnson den Regierungsauftrag erteilen.
Johnsons Amtsantritt wird auch vom Konflikt mit Teheran begleitet. Irans Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif gratulierte Johnson, bekräftigte aber die iranische Vormachtstellung im Persischen Golf. «Das sind unsere Gewässer und wir schützen sie», erklärte Sarif. Grossbritannien hatte angesichts des Konflikts um den Tanker «Stena Impero» am Montag eine europäische Schutzmission für die Schifffahrt im Persischen Golf angekündigt.