China «simuliert» Angriff auf Taiwan - USA sehen Gefahr für Region
Bei den Manövern um Taiwan hat die chinesische Volksbefreiungsarmee am Samstag nach Einschätzung des taiwanischen Militärs einen Angriff auf den demokratischen Inselstaat «simuliert». Die USA warnten, dass die Spannungen in der Taiwanstrasse Auswirkungen auf die ganze Region haben. US-Aussenminister Antony Blinken wies bei einem Besuch in Manila darauf hin, dass fast 90 Prozent der grössten Schiffe der Welt jedes Jahr die 130 Kilometer breite Meerenge passieren, die das Festland und Taiwan trennt.
Das Wichtigste in Kürze
- Als Reaktion auf die Angriffsübungen schickte Taiwans Militär Flugzeuge, Warnungen über Funk und mobilisierte Raketenabwehrsysteme, um die chinesischen Flugzeuge zu verfolgen, wie das Verteidigungsministerium in Taipeh berichtete.
Zahlreiche Militärmaschinen und Kriegsschiffe hätten in der Nähe Taiwans operiert. Einige von ihnen hätten die inoffizielle, aber meist von beiden Seiten respektierte Mittellinie in der Taiwanstrasse überquert.
Allein am Vortag hatte die Volksbefreiungsarmee eine «Rekordzahl» von 68 Militärmaschinen und 13 Marineschiffen in Gewässer nahe der Insel geschickt, wie Taiwans Militär berichtete. Aussenminister Joseph Wu verurteilte «diese gefährliche Eskalation der militärischen Bedrohung, die Frieden und Stabilität in der Region zerstört».
China hatte die bis Sonntag angekündigten Manöver als Reaktion auf den Besuch der Vorsitzenden des amerikanischen Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in Taiwan gestartet. Es war die ranghöchste Visite aus den USA seit einem Vierteljahrhundert. China ist verärgert, weil es Taiwan für sich beansprucht. Es sieht die Insel als Teil der Volksrepublik an und lehnt offizielle Kontakte anderer Länder mit Taiwan vehement ab. Die Insel versteht sich aber schon lange als unabhängig.
Die Militärübungen zielen auf eine See- und Luftblockade und dienen der Vorbereitung auf eine mögliche Invasion. Als weitere Reaktion setzte China den Dialog mit den USA im Klimaschutz und über mehrere Militärkanäle aus. Kooperation wie im Kampf gegen Verbrechen, Drogen und zur Rückführung illegal eingereister Menschen wurden ganz gestrichen. Zusätzlich verhängte Peking nicht näher beschriebene Sanktionen gegen Pelosi und ihre direkten Familienmitglieder.
US-Aussenminister Blinken kritisierte die chinesische Reaktion in Manila als «unverantwortlich». Die ausgesetzten Militärkanäle seien «entscheidend, um Kommunikationspannen und Krisen zu verhindern». Auch die Kooperation im Kampf gegen Verbrechen und Drogen hielten die Menschen in China, den USA und darüber hinaus sicher. Besondere Kritik übte Blinken an der Aussetzung aller Klimagespräche mit den USA: «Der grösste Kohlendioxidemitter lehnt es jetzt ab, sich an dem Kampf gegen die Klimakrise zu beteiligen.» Das bestrafe nicht die USA, sondern die Welt und besonders auch Entwicklungsländer.
Er habe Chinas Aussenminister Wang Yi bei dem vorangegangenen Treffen der Südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh mitgeteilt, dass eine Eskalation nicht im Interesse der USA, Taiwans und der Region sei. «Wir halten unsere Kommunikationskanäle mit China offen - mit der Absicht, eine Eskalation durch Missverständnisse und Fehlkommunikation zu verhindern», hob Blinken hervor.
Bei den Manövern hatte China auch elf ballistische Raketen in Richtung Taiwan gestartet, von denen nach Berichten eine sogar erstmals direkt über Taiwan und unweit der Hauptstadt Taipeh flogen. Fünf landeten östlich von Taiwan in der nahe gelegenen ausschliesslichen Wirtschaftszone (AWZ) Japans, was auch als Warnung an Tokio gewertet wurde, sich aus dem Konflikt herauszuhalten.
Taiwans Militär berichtete, am späten Freitag seien zum zweiten Mal chinesische Drohnen nahe der vorgelagerten Insel Kinmen entdeckt worden, die nur zehn Kilometer von der Hafenstadt Xiamen an Chinas Küste entfernt ist. Auf der ebenfalls vorgelagerten taiwanischen Insel Matsu habe die Armee Leuchtgeschosse als Warnung gestartet, als ein unbekanntes Flugobjekt entdeckt worden sei.