Grünen-Spitze für Enteignungen als letztes Mittel gegen Wohnungsnot
Die Grünen-Spitze spricht sich im Kampf gegen Wohnungsnot und hohe Mieten für Enteignungen als letzte Option aus.

Das Wichtigste in Kürze
- Antrag für Bielefelder Parteitag im November - Kritik von der FDP.
Wer der Aufforderung zum Bauen nicht nachkomme, könne zum Verkauf gezwungen oder enteignet werden, heisst es in einem am Freitag bekannt gewordenen Vorstandsantrag für den Bielefelder Parteitag. Die FDP kritisierte die Vorlage.
«Wir unterstützen die Kommunen, die von dieser Möglichkeit bei besonders angespannten Wohnungsmärkten Gebrauch machen», heisst es in dem Grünen-Vorstandsantrag, über den zunächst die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) berichtet hatten. Bei solchen Lagen sollten Kommunen das Baugebot nicht nur für einzelne Grundstücke, sondern für bestimmte Gebiete aussprechen können. Falls die öffentliche Hand «als ultima ratio» enteigne, sollte die Entschädigung einem «realistischen Ertragswert» entsprechen.
Enteignungen kämen nur bei einem «groben Missbrauch des Eigentumsrechts» infrage. Dies könne etwa dann der Fall sein, wenn mit Bauland spekuliert, wertvoller Wohnraum bewusst nicht vermietet oder trotz eines ausgesprochenen Baugebots weder gebaut noch verkauft werde. Parteichef Robert Habeck hatte bereits im April erklärt, wenn andere Massnahmen keinen Erfolg zeigten, um für ausreichend günstigen Wohnraum zu sorgen, «muss notfalls die Enteignung folgen».
Ausserdem spricht sich die Grünen-Spitze in dem Antrag dafür aus, Wertsteigerungen von Grund und Boden, die aus einer Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur resultieren, teilweise abzuschöpfen. Darüber hinaus fordern die Grünen ein Recht für Mieter, Wohnungen unterschiedlicher Grösse untereinander zu tauschen, und die Nutzung von Wohnraum für touristische Zwecke einzuschränken.
FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sagte der Nachrichtenagentur AFP, anstelle von Enteignungen sei «ein klares Signal für den Schutz des Eigentums durch die Streichung des Enteignungs-Artikels 15 aus dem Grundgesetz» nötig. Durch Enteignung und Verstaatlichung entstehe keine einzige Wohnung.
«Um den Mangel zu bekämpfen müssen wir bauen, bauen, bauen», erklärte Theurer. Deshalb fordere die FDP «weniger Bürokratie, schnellere Genehmigungsverfahren, weniger Besteuerung von Bau- und Wohnkosten sowie mehr Bauland».
In einem weiteren Antrag für den Grünen-Parteitag bekennen sich die Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Habeck einem Bericht zufolge klar zum Markt - doch mit starken politischen Leitplanken. «Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, bietet die Marktwirtschaft beste Voraussetzungen für sozial-ökologisches Wirtschaften», heisst es dem «Handelsblatt» zufolge in dem Papier.
«Doch dafür braucht es den gesamten Instrumentenkasten aus Steuern-, Abgaben- und Ordnungsrecht und intelligenter öffentlicher Forschungs- und Förderpolitik.»
Das von der Bundesregierung geplante Klimaschutzgesetz halten die Grünen für das «ordnungspolitische Herzstück», sehen es aber als unzureichend an. Erneut sprechen sie sich dafür aus, ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos neu zuzulassen und den Weg dorthin durch verbindliche Quoten für Elektroautos zu bereiten.