Grüne gehen beflügelt von Umfragehoch in Schlussphase des Europawahlkampfs
Es wirkte stellenweise wie eine vorgezogene Wahlparty: Beflügelt von ihrem Umfragehoch sind die Grünen am Samstag in die Schlusswoche des Europawahlkampfs gestartet.

Das Wichtigste in Kürze
- Partei will aktuelle Stimmung in Stimmen umsetzen.
Auf einem Wahlparteitag in Berlin gaben die Vorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock gemeinsam mit den Spitzenkandidaten Ska Keller und Sven Giegold als Ziel aus, die von den Klimaprotesten geprägte aktuelle Stimmung in grüne Stimmen umzusetzen.
«Sorgen wir dafür, dass sich dieser Aufbruch an der Wahlurne manifestiert», sagte Habeck bei der Veranstaltung in einer ehemaligen Lagerhalle des Berliner Westhafens. «Die Zeit des Abwartens und Rumsitzens ist vorbei», fügte er mit Blick auf die Regierungsparteien hinzu. So gehe es beim Kohleausstieg nicht um die Frage, wann genau das letzte Kraftwerk vom Netz gehe, sondern darum, «wie viele Kohlekraftwerke jetzt und in diesem Jahr abgeschaltet werden».
Die Populisten wollten Europa zerstören und die Politik handlungsunfähig machen, sagte Habeck weiter. Seine Partei kämpfe dafür, «dass die Politik wieder Vertrauen geniesst und dass wir auf die grossen Fragen unserer Zeit politische Antworten geben».
«Im letzten dreiviertel Jahr ist Erstaunliches passiert», so Habeck. Damals sei die Stimmung noch bestimmt gewesen von Angst und Angstmacherei, sagte er mit Blick auf die Dominanz des Flüchtlingsthemas. Der Populismus habe sich «eingeschlichen in die tiefsten Nischen» der Gesellschaft. Dann habe die Gesellschaft «in einer Art Gegenwehr die Zivilcourage gefunden», sagte er mit Verweis auf die Demonstrationen gegen rechts, die Klimaproteste oder die Bienenschützer in Bayern.
Baerbock sagte mit Blick auf den Skandal um die FPÖ in Österreich: «Ich hoffe, dass jedem Konservativen jetzt klar ist, es kann keine Zusammenarbeit mit Rechtspopulisten geben.» Der Skandal zeige, die Rechtspopulisten «verachten unsere Werte, aber auch die Rechtsstaatlichkeit in ganz Europa».
Die Spitzenkandidatin für die Europawahl, Keller, sagte in ihrer Rede, es sei «kein Naturgesetz, dass die Rechten immer stärker werden». «Wir alle entscheiden, wie viel Raum wir den Rechtsnationalen geben wollen.» Ihre Partei kämpfe für ein soziales Europa, das Vorreiter beim Klimaschutz werde, und für ein Europa der Vielfalt und Menschenrechte.
Ihr Ko-Kandidat Giegold sagte, auch Deutschland werde sich verändern, wenn nicht die Anti-Europäer am Wahlabend als Sieger dastünden. Es gehe darum, dass das Ende der deutschen Blockade in Brüssel eingeläutet werde.
Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sagte eine «furiose Woche» bis zum Wahltag voraus. Dann heisse es «Sunday for Future» gegen die «Zögerlinge» in den etablierten Parteien. Die Europawahl könne der Beginn sein für eine «neue Phase der grünen Politik», fügte er hinzu.
Bei der Europawahl 2014 hatten die Grünen 10,7 Prozent der Stimmen erreicht. Aktuell liegen sie in Umfragen zur Europawahl am 26. Mai zwischen 17 und 19 Prozent und damit auf Platz zwei hinter der Union. Die Klimapolitik als eines ihrer zentralen Anliegen ist auch dank der europaweiten Schülerdemonstrationen Fridays for Future eines der beherrschenden Themen im Europawahlkampf.