Vor einem Jahr sprachen sich Iraks Kurden für eine Abspaltung aus. Doch danach kamen keine weiteren Schritte in Richtung Unabhängigkeit.
Demonstranten nehmen in 2017 an einer Kundgebung des kurdischen Präsidenten Barsani zum Unabhängigkeitsreferendum teil.
Demonstranten nehmen in 2017 an einer Kundgebung des kurdischen Präsidenten Barsani zum Unabhängigkeitsreferendum teil. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Jahr nach ihrem Unabhängigkeitsreferendum stimmen die Kurden über ein Parlament ab.
  • Die KDP gilt als Favorit. Sie ist seit Jahren die dominierende politische Kraft.
  • Aufgerufen zur Stimmabgabe sind mehr als 3,8 Millionen Wähler.
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Rund ein Jahr nach ihrem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum stimmen die Kurden im Nordirak über ein neues Parlament ab. Nach dem militärischen Sieg gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gilt die Wahl am Sonntag als richtungsweisend für die erhoffte Rückkehr des Krisenlandes zu mehr Stabilität. Die Abstimmung wird zudem zeigen, wie populär der langjährige starke Mann der kurdischen Autonomiegebiete, Massud Barsani, noch ist.

Hintergrund

Als Chef der regierenden Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) hatte der 72 Jahre alte Barsani das Unabhängigkeitsreferendum am 25. September vorigen Jahres vorangetrieben. Die Kurden entschieden sich damals mit mehr als 92 Prozent für eine Abspaltung vom Rest des Landes aus, von der viele Kurden seit langem träumen. Vielerorts kam es zu Jubelfeiern.

Trotz des klaren Ergebnisses folgten zur Enttäuschung vieler Kurden jedoch keine weiteren Schritte. Stattdessen kam es zu schweren Verwerfungen mit der Zentralregierung in Bagdad und den Nachbarstaaten. Die zunächst für den 1. November vergangenen Jahres geplante Parlamentswahl wurde deswegen um mehrere Monate verschoben. Barsani erklärte seinen Rücktritt vom Amt des kurdischen Präsidenten.

Die Kandidaten

Die KDP gilt auch diesmal als Favorit. Sie ist seit Jahren die dominierende politische Kraft in den irakischen Kurdengebieten. Als zweite grosse Partei geht die Patriotische Union Kurdistans (PUK) ins Rennen. Sie ist seit Jahren der grosse Rivale der KDP, kooperiert aber auch zeitweise mit ihr. Daneben kandidieren kleinere Parteien, unter anderem Gorran («Wandel»), die sich vor einigen Jahren als Reformbewegung gegründet hatte.

Daten und Fakten

Aufgerufen zur Stimmabgabe sind mehr als 3,8 Millionen Wähler. Es bewerben sich mehr als 750 Kandidaten und insgesamt rund 40 Gruppierungen um die 111 Sitze im kurdischen Regionalparlament. Elf Sitze sind dort für Minderheiten reserviert.

Die Lage in Kurdengebieten

Die autonome Region leidet noch immer unter den Folgen des IS-Vormarsches. Zeitweise beherrschte die Miliz auch Teile der Kurdengebiete. Wegen einer Wirtschaftskrise konnte die Autonomieregierung Gehälter nicht vollständig und pünktlich zahlen. Ende vergangenen Jahres kam es deshalb zu Protesten. Auch die Beziehungen zur Zentralregierung sind weiter angespannt.

Die Bedeutung für Deutschland

Bis heute sind mehr als 100 Soldaten der Bundeswehr in der Regionalhauptstadt Erbil stationiert. Sie bilden dort die kurdischen Peschmerga-Einheiten aus, unter anderem bei der Entschärfung von Minen und in der Logistik. Berlin hatte für den Kampf gegen den IS auch Waffen an die Kurden geliefert.

Die Auswirkungen auf den Irak

In Bagdad ringen die Parteien nach der landesweiten Parlamentswahl im Mai noch immer um die wichtigsten Posten. Spätestens am Dienstag muss das Parlament einen neuen Staatschef wählen. Das Amt fällt traditionell den Kurden zu. Allerdings streiten sich KDP und PUK darum. Die Regionalwahl am Sonntag könnten die Waage in die eine oder andere Richtung kippen.

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