Johnson fordert nach Wahlsieg «Schlussstrich» unter Brexit-Streit

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Grossbritannien,

Nach dem überwältigenden Wahlsieg der Konservativen in Grossbritannien will die Regierung den Brexit-Streit hinter sich lassen.

Johnson an seinem Amtssitz in der Downing Street
Johnson an seinem Amtssitz in der Downing Street - POOL/AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Labour mit schlechtestem Ergebnis seit 1935 - Corbyn kündigt Rücktritt an.

Der im Amt bestätigte Premierminister Boris Johnson forderte am Freitag einen «Schlussstrich» und rief zu einer Überwindung der gesellschaftlichen Spaltung über den EU-Austritt auf. Labour-Chef Jeremy Corbyn kündigte nach der verheerenden Niederlage seiner Partei seinen Rücktritt an. EU-Staaten begrüssten das eindeutige Wahlergebnis - und warnten zugleich vor einer neuen Konkurrenz durch Grossbritannien nach dessen EU-Austritt.

Johnsons Konservative sicherten sich laut dem offiziellen Endergebnis bei der Wahl am Donnerstag 365 Sitze im Parlament und damit klar die absolute Mehrheit, die bei 326 Stimmen liegt. Damit sind sie so stark wie seit der Thatcher-Ära in den 80er Jahren nicht mehr. Johnson erhielt von Königin Elizabeth II. den Auftrag zur Regierungsbildung und beteuerte, den Brexit bis Ende Januar «fristgerecht zu erledigen».

Die Labour-Partei fuhr ihr schlechtestes Ergebnis seit 1935 ein und kommt auf nur noch 203 Sitze. Parteichef Corbyn, dessen schlechte Beliebtheitswerte zur Wahlniederlage beigetragen haben dürften, reagierte «sehr enttäuscht». Bei künftigen Wahlen werde er nicht mehr als Spitzenkandidat antreten, sagte er.

Die künftige starke Mehrheit der Tories ermöglicht es Johnson, sein mit der EU ausgehandeltes Ausstiegsabkommen zügig vom Unterhaus verabschieden zu lassen. Er kann damit Grossbritannien zum Ablauf der geltenden Frist am 31. Januar aus der EU führen.

Anschliessend bleiben ihm nur elf Monate Zeit, um bis zum Ablauf einer Übergangsfrist die künftigen Beziehungen mit der EU auszuhandeln. In dieser Zeit ist Grossbritannien zwar kein EU-Mitglied mehr, bleibt aber im Binnenmarkt und in der Zollunion.

Experten zufolge könnte Johnson die Frist dank seiner komfortablen Mehrheit im Unterhaus noch verlängern und ein engeres Handelsabkommen mit Brüssel schnüren als bislang geplant.

EU-Ratspräsident Charles Michel sagte, Brüssel sei «bereit für eine neue Phase». Die EU habe ihre Prioritäten für die Gespräche über die künftigen Beziehungen bereits festgelegt. Es werde keine Vereinbarung mit Grossbritannien «zu jedem Preis geben», betonte Michel.

US-Präsident Donald Trump warb unmittelbar nach dem Wahlsieg Johnsons für ein Freihandelsabkommen mit Grossbritannien. Die USA und Grossbritannien könnten nach dem Brexit einen «gewaltigen neuen Handelsvertrag» schliessen, der «lukrativer» sei als jener mit der EU, twitterte Trump.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, beim EU-Gipfel in Brüssel habe es «professionelle Anerkennung» dafür gegeben, dass es Johnson gelungen sei, die Bürger zu überzeugen. «Chapeau, muss man einfach sagen, dass ihm das gelungen ist.» Zugleich betonte Merkel, dass durch den Brexit ein neuer Wettbewerber in der europäischen Nachbarschaft entstehe.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äusserte die Hoffnung, dass das Vereinigte Königreich ein «Freund und ein extrem enger Partner» bleibe. «Wir wollen nicht, dass Grossbritannien ein unfairer Wettbewerber wird», sagte Macron.

Der neue EU-Kommissar für Industrie und Binnenmarkt, Thierry Breton, sagte, beide Seiten müssten nun «ausgewogene» Beziehungen aufbauen. Grossbritannien sei ein sehr wichtiger Handelspartner für die EU, «aber wir sind bei weitem der grösste Handelspartner für Grossbritannien», betonte der Franzose.

Das britische Mehrheitswahlrecht benachteiligte bei der dritten Parlamentswahl innerhalb von gut viereinhalb Jahren wie gewöhnlich die kleineren Parteien. So vergrösserten die pro-europäischen Liberaldemokraten zwar ihren prozentualen Stimmenanteil deutlich auf 11,5 Prozent, verloren aber einen Sitz und kommen künftig nur noch auf elf Mandate. Parteichefin Jo Swinson verpasste den Wiedereinzug ins Unterhaus. Die Liberaldemokraten kündigten deshalb an, im neuen Jahr eine neue Parteispitze zu wählen.

Die Schottische Nationalpartei, die im Wahlkampf für ein zweites Brexit-Referendum sowie ein zweites Unabhängigkeitsreferendum eingetreten war, legte deutlich zu und kam auf 48 Sitze. Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon bekräftigte deshalb, ein neues Unabhängigkeitsreferendum in Schottland abhalten zu wollen. Die Brexit-Partei von Nigel Farage ging bei der Parlamentswahl leer aus.

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