Maas sucht in Kiew neue Chance zur Lösung des Ostukraine-Konflikts
In der Hoffnung auf eine Wiederbelebung des Friedensprozesses für die Ostukraine ist Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) am Donnerstag nach Kiew gereist.
Das Wichtigste in Kürze
- Kennenlern-Treffen mit neuem Präsidenten Selenskyj.
Wichtigster Programmpunkt war ein Treffen mit dem neuen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj - Maas hofft, dass es mit ihm neue Impulse für die Beilegung des Konflikts gibt. Nach seiner Ankunft forderte der Aussenminister sowohl von Kiew als auch von Moskau Kompromissbereitschaft.
Maas' Visite war der erste Besuch eines deutschen Regierungsmitglieds in der Ukraine seit Selenskyjs Amtsantritt vor eineinhalb Wochen. Der ehemalige Komiker ist politisch bisher ein unbeschriebenes Blatt, im Wahlkampf blieb er bewusst vage. Zwar erklärte Selenskyj bei seiner Amtseinführung den Konflikt in der Ostukraine, wo prorussische Separatisten gegen Regierungstruppen kämpfen, zu seiner Top-Priorität. Wie genau Selenskyj vorgehen will, ist aber unklar.
Somit diente die Reise vor allem dem Kennenlernen. Er wolle herausfinden, «welche Vorstellungen» Selenskyj habe und wie ein Weg aussehen könne, das Minsker Abkommen doch noch umzusetzen, sagte Maas. Die Übereinkunft von 2015 sieht Schritte hin zu einem Frieden in der Ostukraine vor.
Der Friedensprozess sei jedoch «einem völligen Stillstand zum Opfer gefallen - und das kann nicht so bleiben», sagte Maas. «Es wird nach wie vor geschossen, es kommen Menschen ums Leben und damit wollen wir uns nicht abfinden.»
Zusammen mit Maas besuchte auch der französische Aussenminister Jean-Yves Le Drian Kiew. Deutschland und Frankreich vermitteln im sogenannten Normandie-Format gemeinsam zwischen der Ukraine und Russland. Die beiden Minister trafen sich am Donnerstag mit Angehörigen ukrainischer Marinesoldaten, die derzeit in russischer Haft sitzen - «unrechtmässig», wie Maas betonte.
Die russische Küstenwache hatte Ende November in der Meerenge zwischen dem Schwarzen Meer und dem Asowschem Meer drei ukrainische Marineschiffe aufgebracht und 24 Besatzungsmitglieder festgenommen. Ihnen drohen bis zu sechs Jahre Gefängnis. Eine Entscheidung des Internationalen Seegerichtshofs in Hamburg vom Samstag, wonach die Matrosen sofort freigelassen werden müssen, ignoriert Russland mit dem Argument, das Gericht sei nicht zuständig.
Der Fall trübte das durch die Annexion der Krim und den Konflikt in der Ostukraine ohnehin sehr gespannte Verhältnis zwischen Moskau und Kiew noch weiter. Maas sagte, es gebe sowohl in Moskau als auch in Kiew die Überzeugung, «dass man eine politische Lösung braucht. Dafür muss allerdings jeder Kompromissbereitschaft an den Tag legen», mahnte Maas. «Das war in den letzten Monaten bedauerlicherweise nicht mehr so.»
Von russischer Seite gibt es aktuell wenig Entgegenkommen. Präsident Wladimir Putin liess zu Selenskyjs Amtseinführung mitteilten, er wolle dem neuen Kollegen nicht gratulieren und plane auch kein Treffen mit ihm. Selenskyj macht sich denn auch keine Hoffnungen auf bessere Beziehungen mit Moskau, wie sein aussenpolitischer Berater Vadym Prystaiko der «Bild»-Zeitung sagte.
Auch Maas glaubt nicht an schnelle Erfolge. Es solle zunächst auf Expertenebene ein Plan gemacht werden, welche Themen im Minsker Prozess «jetzt vordringlich bearbeitet werden», sagte er. Erst danach könne es irgendwann wieder ein Treffen im Normandie-Format auf Ebene der Minister oder sogar der Regierungschefs geben.