Männerdominierte FDP wird noch männlicher
Die FDP würde gerne weiblicher werden - bisher aber klappt das nicht, im Gegenteil: «Die Zahl der Frauen in der FDP sinkt, weil überproportional Männer eintreten», sagte Ombudsmitglied Christopher Gohl am Wochenende auf dem Parteitag in Berlin.
Das Wichtigste in Kürze
- Warnung von «Monokultur» - Aber etwas mehr Frauen im Vorstand.
«Wenn es nach den Neueintritten ginge, wären wir praktisch eine Monokultur von Männern.» Der Vorstand der Liberalen allerdings ist seit dem Parteitag etwas weiblicher.
Die FDP hatte zuletzt fast 80 Prozent Männer unter ihren Mitgliedern. Laut Gohl treten derzeit vor allem junge Männer in die Partei ein.
Gohl ist als Ombudsmitglied dafür zuständig zu überprüfen, inwiefern Beschlüsse der Bundesparteitage umgesetzt werden. In seiner Rede am Samstag verwies er auf die Beschlüsse des Parteitags im Jahr 2019, wonach die FDP den Frauenanteil in Ämtern und Mandaten erhöhen will. Dazu sollen unter anderem Zielvereinbarungen für die einzelnen Parteigliederungen bis hin zu Ortsverbänden beschlossen werden.
Es gebe hier «ein Umsetzungsdefizit», sagte Gohl zu den Zielvereinbarungen. Er wolle niemandem die Schuld daran zuweisen. Allerdings solle nun umgedacht werden: «Wir sollten nicht warten auf zentrale Umsetzung aus Berlin, wir sollten vor Ort anfangen.»
Beschlüsse zum Thema Frauen fasste der Parteitag nicht. Ein Antrag der parteinahen Liberalen Frauen, wonach sich eine Arbeitsgruppe der Sache annehmen soll, wurde aus Zeitgründen nicht mehr behandelt, sondern an den Bundesvorstand überwiesen.
Gohl betonte: «Wenn wir jetzt weit hinter unseren Zielen liegen, eine weiblichere Partei zu werden, wenn wir sogar bergauf kämpfen, dann ist es kein Problem der Frauen, die schon da sind, es ist auch kein Frauenproblem, sondern es ist ein Problem von uns allen - auch von Vorständen quer durch, die dieses Problem ignorieren.»
Den Parteimitgliedern an der Basis empfahl Gohl unter anderem, Freundinnen anzusprechen, ob sie in die FDP eintreten wollten, und weibliche Parteimitglieder nach ihren Erfahrungen zu befragen. «Frauen erleben in der Regel eine andere Partei als Männer», sagte er. «Die hören Mist, den andere nie hören.»
Ausserdem müsse die Parteiarbeit familienfreundlicher gestaltet werden. Und in Sitzungen müssten sich die männlichen Mitglieder auch mal zurücknehmen: «Eine Daumenregel ist: Männer reden zu lang.»
«Eine Monokultur von Männern würde uns schwächen und weniger attraktiv machen», warnte Gohl. «Und fehlende Perspektiven würden uns auch programmatisch schwächen.»
Durch Nachwahlen zum Bundesvorstand am Samstag wurde zumindest dieses Gremium etwas weiblicher: Die Bundestagsabgeordnete Renata Alt, die Vorsitzende der Jungen Liberalen (Julis), Franziska Brandmann, und die niedersächsische Landtagsabgeordnete Susanne Schütz wurden als neue Beisitzerinnen bestimmt. Die Nachwahlen waren nötig geworden, weil mehrere männliche Vorstandsmitglieder in höhere Parteiämter gewählt wurden.
Schütz und Brandmann wurden von einem Delegierten vor der Wahl gefragt, wie sich der Frauenanteil in der Partei und in den Gremien erhöhen lasse. Es gehe unter anderem darum, eine Vorbildfunktion zu geben, um für andere Frauen «die Hemmschwelle» für das Engagement in der FDP zu senken, sagte Schütz. Die Frauen in der Partei sollten sich auch gegenseitig stärker unterstützen und besser vernetzen.
Juli-Chefin Brandmann sagte, die für Frauen wichtigen Themen lägen «auf der Strasse». Als Beispiele nannte sie unter anderem Gesundheit, Bildung und Altersvorsorge.